§ Sie fragen – wir antworten
Als Pächter eines Kleingartens bin ich an das Stromnetz unseres Kleingärtnervereins (KGV) angeschlossen. Habe ich Umlagen zu zahlen und bin ich zu finanziellen Vorleistungen an den Kleingärtnerverein oder nur zur Begleichung von Forderungen nach Rechnungslegung verpflichtet?
Es fällt – dies sei an dieser Stelle noch einmal betont – ausschließlich (!) in die Kompetenz des KGV als Betreiber der Kleingartenanlage (KGA) und nicht in die einer Wasser- und Stromgemeinschaft, Entscheidungen über, ob und den Umfang der Versorgung der KGA mit Elektroenergie zu treffen.
Daher hat die Mitgliederversammlung über die Errichtung von Versorgungsanlagen zur Versorgung der KGA mit Strom ebenso zu befinden, wie über die erforderlichen Maßnahmen zu deren Erweiterung, Änderung, Instandsetzung, Modernisierung und Erneuerung. Die Mitgliederversammlung trifft zugleich die Entscheidungen über die Notwendigkeit, den Umfang, der durch alle Vereinsmitglieder zu erbringenden Arbeitsleistungen sowie die erforderlichen Umlagen und deren Höhe.
Ebenfalls beschließt die Mitgliederversammlung die Kompetenzen des Vorstandes und – was sich in der Praxis der KGV des SLK in der Vergangenheit bewährt hat – eine „Ordnung zur Entnahme von Wasser und Strom aus den Gemeinschaftsanlagen”. Nur der KGV – vertreten durch seinen Vorstand – ist berechtigt, Lieferverträge zur Versorgung der KGA mit Strom abzuschließen! In Ausnahmefällen gestattet der KGV mit dem Miet-/Pachtvertrag dem Betreiber/Nutzer der Vereinsgaststätte/des Vereinsheimes direkte Vertragsabschlüsse mit dem Stromlieferanten. Verträge zwischen den Kleingartenpächtern und Stromlieferanten sind unzulässig!
Einerseits ist der KGV berechtigt, Strom an seine Kleingartenpächter weiterzuleiten. Andererseits ist er jedoch im Einzelfall, unter Berücksichtigung von Verweigerungshaltungen zum Nachteil des KGV und der Kleingärtnergemeinschaft (insbesondere zur Erbringung von Arbeitsleistungen, der Zahlung von Umlagen und Rechnungslegungen) sowie bei gefahrvollem Umgang mit Strom nicht verpflichtet, jeden Kleingartenpächter an die Stromversorgung anzuschließen oder den Anschluss aufrecht zu halten. Auch der Kleingartenpächter ist nicht verpflichtet, seine Pachtsache an das Stromnetz anzuschließen.
Die zur Versorgung der KGA mit Strom notwendigen Anlagen tragen den Charakter von Gemeinschaftseinrichtungen im Sinne § 1 Absatz 1 Ziffer 2 BKleingG. Daher ist jedes Vereinsmitglied bei Vorliegen satzungsgemäß zustande gekommener Beschlüsse der Mitgliederversammlung zum Erbringen geforderter Leistungen (Arbeitsleistungen, Umlagen) verpflichtet!
Dies unabhängig davon, ob er an der beschlussfassenden Mitgliederversammlung teilgenommen hat und unabhängig auch davon, ob er seine Pachtsache an die Stromversorgung der KGA anschließt oder nicht.
Die zweckgebundene Verwendung der erhobenen Umlagen ist durch den Vorstand zu sichern! Gleichzeitig ist aus den Umlagen ein angemessener Reparaturkosten-Vorsorgefonds zu bilden. Mit anderen Worten: Umlagen die für die Gewährleistung der Stromversorgung der KGA von den Mitgliedern erhoben werden, können nicht zur Erfüllung anderer finanzieller Verpflichtungen des KGV verwendet werden.
In die Zuständigkeit des Vorstandes fällt auch die Rechnungslegung. Weil der KGV durch den Stromlieferanten (Grundversorger) gemäß der Stromgrundversorgungordnung zu Abschlagszahlungen und Vorauszahlungen verpflichtet werden kann und zu Vorauszahlungen verpflichtet ist, ist der KGV berechtigt, und so sieht es die bereits genannte „Ordnung zur Entnahme von Wasser und Strom aus den Gemeinschaftsanlagen” auch vor, Vorauszahlungen von den an das Stromnetz angeschlossenen Kleingartenpächtern (Abnehmern) bis zur Höhe des zurückliegenden Jahresverbrauchs für die Entnahme von (Wasser und) Strom zu verlangen. Sie wird mit der folgenden Jahresrechnung verrechnet.
Den Forderungen des Vorstandes liegt folglich immer eine rechtliche Legitimation zugrunde. Damit wird auch verhindert, dass der KGV in eine „finanzielle Schieflage” gerät. Nicht wenige säumige Vereinsmitglieder und Kleingartenpächter übersehen geflissentlich die vor dem KGV stehenden Probleme bei Nichtzahlung, verspäteten Zahlungen u.ä.
Dr. jur. habil. Wolfgang Rößger