Störung des Vereinsfriedens und des Friedens in der Kleingärtnergemeinschaft (1)

§ Sie fragen – wir antworten

Partys ohne Ende, Gegröle, Anzüglichkeiten, Handgreiflichkeiten – uns als Nachbarn reicht es. Unter welchen Voraussetzungen muss der Vorstand unseres Vereins eingreifen und welche Möglichkeiten hat er, gegen diese „Gartenfreunde“ vorzugehen?

Auch durch die Vorstände unserer Kleingärtnervereine (KGV) wird nicht selten auf einen teils rüden Umgangston unter den Gartenfreunden ebenso hingewiesen wie auf die aus der Fragestellung ersichtlichen Verhaltensweisen gegenüber Gartenfreunden, Gästen und Besuchern der Kleingartenanlage (KGA), ja auch gegenüber Vorstandsmitgliedern und/oder dessen Beauftragten. Insofern, das sei schon an dieser Stelle gesagt, ist es immer wichtig, die Ausgangssituation und den Verlauf von Auseinandersetzungen festzustellen und mit Beweisen unterlegt zu dokumentieren.

Diese und andere Fehlverhaltensweisen sind geeignet, den Vereinsfrieden und den Frieden in der Kleingärtnergemeinschaft in Schieflage zu bringen. Dieser Frieden ist aber eine der Grundvoraussetzungen für die Erreichung des in der Vereinssatzung bestimmten Vereinszwecks, aber auch für den Erhalt der KGA als Stätte der Erholung für alle Vereinsmitglieder und Pächter sowie deren Familienangehörigen, Freunde und Gäste. Dies wiederum bleibt nicht ohne Auswirkungen auf das Ansehen der KGA in der Öffentlichkeit und das Interesse von Natur- und Gartenfreunden in dieser KGA einen Kleingarten zu pachten.

Mit dem (schriftlichen) Beitrittsantrag zum KGV erklärt der Beitrittswillige, dass er die Satzung des KGV anerkennt und sich verpflichtet, nach ihr zu handeln. Und er verpflichtet sich, alles zu unterlassen, was geeignet ist, das Ansehen des Vereins zu gefährden, den Vereinsfrieden und den Frieden in der Kleingärtnergemeinschaft zu stören. Siehe Mustersatzung, der im Stadtverband Leipzig der Kleingärtner e.V. (SLK) § 3, Absatz 2 organisierten KGV.

Aus dem (aktuell zur Anwendung kommenden) Kleingartenpachtvertrag (siehe Vertragsmuster § 8 Ziffer 14) ergibt sich für den Pächter die Pflicht, sich in der Kleingärtnergemeinschaft, in den Beziehungen zum Verpächter und zu den Nachbarn so zu verhalten, dass Streitigkeiten vermieden und vorhandene Konflikte, die den Frieden in der Kleingärtnergemeinschaft stören, beigelegt werden.

Wenn auch an anderer Stelle und mit anderem Wortlaut ausgestaltet, ergab sich diese Pflicht schon immer aus Kleingartenpachtverträgen, so auch aus den noch gültigen Kleingartenpachtverträgen des VKSK der ehemaligen DDR.

Nicht ungenannt soll die für jedes (!) Kleingartenpachtverhältnis gültige Kleingartenordnung (unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses) bleiben. Auch aus ihr ergibt sich, dass der Pächter zu einem rücksichtsvollen – auf den Erhalt und die Festigung des Friedens in der Kleingärtnergemeinschaft – Verhalten verpflichtet ist (siehe Ziffer 2.2.1.).

Bei Verletzung der sich aus der Mitgliedschaft im KGV und dem Kleingartenpachtverhältnis mit dem KGV ergebenden Verhaltensanforderungen steht nicht nur die Frage nach den rechtlichen Möglichkeiten einer Reaktion des Vorstandes auf das satzungs- und/oder vertragswidrige Verhalten, sondern auch die nach dem WIE der Schaffung/Festigung einer Atmosphäre der Ablehnung solchen Verhaltens und einer konstruktiven Atmosphäre auf Basis der gegenseitigen Achtung, eines kameradschaftlichen und kultivierten (!) Umgangs. Hier ist jedes Vereinsmitglied und jeder Pächter gefragt.

Wenn auch die Grenze “fließend“ ist, denn nicht jeder Nachbarschaftsstreit – einschließlich derer,   die einen gewissen Unterhaltungswert haben – verpflichtet den Vorstand zum Einschreiten. Nicht immer haben Nachbarschaftskonflikte gravierende Auswirkungen auf den Vereinsfrieden und den Frieden in der Kleingärtnergemeinschaft und damit auch auf das unabdingbare Vertrauensverhältnis zwischen dem KGV und dem Vereinsmitglied/Pächter, auch wenn sie von einzelnen Gartenfreunden so empfunden werden – wie z.B. das Streitigkeiten auslösende Herumtollen der Nachbarskinder oder eine ausgelassene Geburtstagsrunde.

Jedem Gartenfreund stehen, das kann nicht unerwähnt bleiben, ausreichende – auch rechtliche – Möglichkeiten zur Verfügung, sich gegen Belästigungen, unbefugtes Betreten seiner Pachtsache, Beleidigungen, Bedrohungen, Angriffe auf seine Person oder sein Eigentum u.a.m. zu wehren. So z.B. durch Erstattung einer Anzeige bei der Polizei oder einer Unterlassungsklage bei einem Zivilgericht.

Auch auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Schlichtergruppe des SLK zur Beilegung der Streitigkeiten zwischen den Gartenfreunden ist hinzuweisen.

Die Betroffenen sollten auf alle Fälle während bzw. unmittelbar nach dem (zunächst) für sie relevanten Ereignis Beweise sichern, denn bloße subjektive Sachverhaltsschilderungen/Behauptungen reichen in der Regel nicht aus, den Konflikt/Rechtsstreit mit Hilfe eines angerufenen Gerichts oder des Vereinsvorstandes beizulegen bzw. ihn in besonders schweren Fällen zu ahnden.

Das Tätigwerden des Vorstandes ist immer dann gefordert, wenn das Fehlverhalten eines oder mehrerer Mitglieder/Pächter den Vereinsfrieden und/oder den Frieden in der Kleingärtnergemeinschaft so nachhaltig stört, dass bspw. anstelle der Freude zum Aufenthalt in der Kleingartenanlage sich steigerndes Desinteresse, Ängste u.ä. treten, das pflichtwidrige Verhalten mit seinen Auswirkungen auf die Gemeinschaft keine Ausnahmeerscheinung mehr ist, daher Unruhe, Empörung unter einer Vielzahl von Gartenfreunden und Gästen ausgelöst hat. Und das nicht ohne Wirkungen auf das Vertrauensverhältnis zwischen dem KGV und den Vereinsmitglied und zwischen dem KGV und dem/den Pächter(n).

Es wird sich im Endergebnis folglich immer um schwerwiegende Pflichtverletzungen handeln, die das/der Vereinsmitglied/Kleingartenpächter selbst begangen hat oder von Personen, die sich von ihm geduldet auf dem Kleingartengrundstück aufhalten (siehe § 8 Ziff. 2 BKleingG) begangen wurden und letztlich ihm als relevantes Fehlverhalten angelastet werden (müssen).

Inhalt und Grenzen des Tätigwerdens des Vorstandes bei derartigen Ereignissen ergeben sich immer aus dem Einzelfall. Wenn der Vorstand entsprechend seiner Verantwortung (und unter Beachtung der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten) eine Entscheidung in der Sache – Ahndung oder Absehen von letztlich rechtlich überprüfbaren und haltbaren Sanktionen treffen kann und kurzfristig trifft, dann handelt er korrekt.

Wird fortgesetzt

Dr. jur. habil. Wolfgang Rößger

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