Sind Gemeinschaftsstunden unbedingt notwendig? (2)

§ Sie fragen – wir antworten

Obwohl Gemeinschaftsleistungen für den Kleingärtnerverein unverzichtbar sind, werden sie von einigen Vereinsmitgliedern und Pächtern aus unterschiedlichsten Gründen ebenso abgelehnt wie finanzielle Vergütungen für nicht geleistete Gemeinschaftsstunden. Wie ist zu verfahren?

Auf die Verpflichtung seiner Vereinsmitglieder und Pächter zu körperlichen und/oder geistigen Tätigkeiten (sonstige Gemeinschaftsleistungen), das wurde im Teil I dieser Beitragsserie verdeutlicht, kann der Kleingärtnerverein (KGV) nicht verzichten.

Dabei bleibt oft ein weiterer wichtiger Aspekt unerwähnt. Bezweckt wird mit der gemeinschaftlichen Verrichtung für den KGV notwendiger (!) körperlich/geistiger Tätigkeiten zugleich das Bestreben nach Kollektivbildung und –festigung sowie der Ausprägung des Gemeinschaftssinnes für das Ganze – den KGV und seine KGA !

Auch aus diesem Aspekt kann es nicht vorschnell um die Befreiung von Gemeinschaftsleistungen gehen, was für leistungswillige Gartenfreunde trotz Alters, Gebrechen u.ä. verletzend empfunden werden kann! Das gemeinsame Verrichten von Vereinsaufgaben ist und bleibt eine der wichtigsten Formen des Vereinslebens. Vielmehr geht es um das gemeinsame Suchen nach Möglichkeiten der Leistungserbringung. Die Praxis zeigt, dass die KGV ernsthaft bemüht sind, nach „Lösungshilfen” zu suchen, so auch körperlich leichte Tätigkeiten anzubieten, die es jedem Gartenfreund ermöglichen, seiner Pflicht nachzukommen. Doch auch hier werden aus einer fehlerhaften Bewertung der Sach- und Rechtslage oder aus in der Person liegenden Umständen Angebote seitens des Leistungsverpflichteten abgelehnt. Nicht nur der Vorstand ist gehalten, nach Möglichkeiten der Leistungserbringung zu suchen. Die Initiative muss auch von dem Vereinsmitglied/ Pächter ausgehen.

An dieser Stelle soll auch darauf verwiesen werden, dass kein Vereinsmitglied oder Pächter ohne schriftlichen Antrag und ausdrücklicher Zustimmung des zuständigen Vereinsorgans berechtigt ist, sich durch andere Vereinsmitglieder/Pächter oder durch in seinem Haushalt lebende Personen oder durch andere Personen vertreten zu lassen. Diese Rechtsposition zu beziehen ist geboten, um in Schadensfällen den KGV von Forderungen Dritter aus Schadensereignissen im Zusammenhang mit Arbeitseinsätzen zu schützen. Der KGV sollte bei solchen Ansinnen vor Erlaubniserteilung immer gewissenhaft prüfen, welcher Personenkreis und in welchem Umfang aus bestehenden Versicherungsverträgen Versicherungsschutz gewährt wird.

Rechtlich zulässig und durch die Rechtsprechung wiederholt bestätigt ist, dass der KGV berechtigt ist, für im Geschäftsjahr nicht erbrachte Gemeinschaftsleistungen eine finanzielle Vergütung – auch als Ersatzbetrag bzw. ersatzweise zu erbringende Geldleistung bezeichnet – zu verlangen. Regelungen in den Satzungen der KGV und in den Kleingartenpachtverträgen haben folglich ihre Legitimität. Inwiefern der KGV auf schriftlichen Antrag die fällige finanzielle Vergütung für nicht geleistete Gemeinschaftsleistungen mindert, teilweise oder völlig erlässt, obliegt seiner Entscheidung. Geldbeträge von 10,00 € bis 15,00 € für jede nicht geleistete Stunde sind in der Rechtspraxis zulässig und üblich.

Aus dieser Rechtslage können Vereinsmitglieder oder Pächter jedoch nicht ableiten, dass sie selbst entscheiden, ob sie Gemeinschaftsleistungen im Rahmen von Arbeitseinsätzen oder finanzielle Leistungen erbringen. Jeder Gartenfreund ist gerufen, sich für die Einhaltung der sich aus der freiwilligen Mitgliedschaft im KGV und dem freiwillig begründeten Kleingartenpachtverhältnis mit dem KGV ergebenden Pflichten zu Gemeinschaftsleistungen einzusetzen und selbst Vorbild zu sein. Die Verweigerer von Gemeinschaftsleistungen sollten mögliche rechtliche Konsequenzen nicht übersehen: „Der Verpächter kann den Kleingartenpachtvertrag kündigen, wenn der Pächter … geldliche oder sonstige Gemeinschaftsleistungen verweigert (§ 9 Abs. 1 Ziff.1 BKleingG).

Dr. jur. habil. Wolfgang Rößger

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