§ Sie fragen – wir antworten
Ich bin im höheren Lebensalter, leide nunmehr alleinstehend. Der Bedarf an Gartenfrüchten ist daher sehr begrenzt. Der Kleingartenpachtvertrag läuft auf meinen Namen. Den Garten möchte ich wegen der inneren Bindung nicht aufgeben. Wie soll ich mich verhalten?
So wie der im Alter vielfach notwendige Abschied von Angehörigen, ehemaligen Kollegen und Freunden sowie vielfach auch von der vertrauten Umgebung im Wohnbereich ist für viele Gartenfreunde der nahe Abschied von der jahrzehntelangen Zugehörigkeit zum Kleingärtnerverein (KGV) und der aktiven Kleingärtnerei mit z.T. erheblichen psychischen Belastungen verbunden.
Bei einer Entscheidung, das Kleingartenpachtverhältnis (KgPV) fortzusetzen oder zu beenden, gilt es jedoch (zumindest) zwei grundlegende Rechtsgrundsätze zu beachten.
Erstens: Die veränderten Lebensumstände befreien das Vereinsmitglied und den Kleingartenpächter nicht von der sich für ihn aus der Mitgliedschaft im KGV und dem bestehenden KgPV mit dem KGV als Verpächter von Kleingärten (Kg) ergebenden Verpflichtungen. Das Recht und die Verpflichtung zur kleingärtnerischen Nutzung des Pachtgegenstandes i.S. § 1 Nr.1 Bundeskleingartengesetz (BKleingG) und die Pflicht zur Begleichung sich aus der Mitgliedschaft im KGV, dem KgPV mit dem KGV und der Inanspruchnahme von Leistungen des KGV – wie Wasser und Strom – ergebenden Zahlungsverpflichtungen nehmen eine zentrale Stellung in der Pflichtenlage ein. Bei der kleingärtnerischen Nutzung steht die gärtnerische Nutzung im Mittelpunkt. Demzufolge kann – gleich aus welchen Gründen – die Nutzung des Kg nicht ausschließlich oder vordergründig auf die Erholungsnutzung verlagert werden. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang, auch die Pflicht des Pächters, den Kg trotz aller seiner Person betreffenden widrigen Umstände in einem dem Charakter eines Kg angemessenen gepflegten Zustand zu erhalten.
Die für alle Kleingartenpächter gleichermaßen geltende Pflicht zur kleingärtnerischen Nutzung der Pachtsache ist jedoch kein Dogma, welches sich auf die Verpflichtung zum Anbau von Obst und Gemüse beschränkt. Aus der Begriffsbestimmung im BKleingG „nichterwerbsmäßige gärtnerische Nutzung“ leitet sich vielmehr das Recht zum Anbau ein- und mehrjährige Gartenbauerzeugnisse als maßgeblich prägendes Merkmal eine Kg ab. Als Gartenbauerzeugnissen werden insbesondere Obstgehölze, Gemüsepflanzen, Heilpflanzen, Kräuter- und Gewürzpflanzen, Feldfrüchte und Blumen anerkannt.
Zweitens: Das Recht und die Pflicht zur gärtnerischen Nutzung des Pachtgegenstandes obliegt, entsprechend dem auf dem BKleingG basierenden KgPV und der zu diesem gehörender Kleingartenordnung, dem Pächter des Kg. Zu seinem Haushalt gehörenden Personen können den Pächter bei der Erfüllung dieser Pflicht uneingeschränkt unterstützen. Andere Personen -„fremde Hilfe“- dagegen kann für die Dauer von höchstens 6 Wochen in Anspruch genommen werden. Die Berechtigung, für den genannten Zeitraum Unterstützung durch andere Personen – und ganz gleiche ob durch Verwandte, Nachbarn oder
Freunde – in Anspruch nehmen zu dürfen, schließt eine Überlassung des gepachteten Kg an diese Personen völlig aus. (Festlegungen in den KGO sind zu beachten) Es ist unzulässig den Kg diesen Personen zur Nutzung dauerhaft zu überlassen. Und das auch dann, wenn es sich um einen Gartennachbar handelt, der Vereinsmitglied und Pächter des angrenzenden Kg ist. In diesen Fällen sind Entscheidungen über die Beendigung des KgPV oder die Weiterführung in Pächtermehrheit unausweichlich. Eine mehr oder weniger kurze „Vertretung“ wegen Urlaubs oder kurzzeitigen Krankenhausaufenthalt fällt in der Regel nicht darunter.
Empfehlung: Ratsam ist in derartigen Situationen eine zeitnahe Kontaktaufnahme zum Vorstand des KGV, der für alle das KgPV berührende Fragen der kompetente und allein entscheidungsbefugte Ansprechpartner ist. Zu diesem Schritt kann auch ein Rechtsanwalt oder eine andere Person des Vertrauens bevollmächtigt werden. Nicht selten erfolgt in der den Fragesteller berührenden Lebenssituation oder in anderen den Kleingartenpächter belastenden Lebensumständen keine oder eine relativ späte diesbezüglich Kontaktaufnahme zum Vorstand.
Gesprächsinhalte sollten vorrangig sein:
-Inhalt und Umfang der weiteren kleingärtnerischen Nutzung des Pachtgegenstandes.
-Der während der Abwesenheit berechtigte Personenkreis zum Betreten des Pachtgegenstandes.
-Der zur Unterstützung der anfallenden Arbeit bei der kleingärtnerischen Nutzung berechtigte Personenkreis und sein Versicherungsschutz, vor allem dann, wenn er erlaubt dem Vereinsmitglied und Pächter obliegende gemeinschaftliche Arbeitsleistungen zu erbringen.
-Die Personen, die im Hinderungsfall (Krankheit, Handlungsunfähigkeit), oder/und in allen anderen zu Konflikten führenden Fällen (wie bspw. Nichtbegleichung von Rechnungslegungen) oder im Todesfall mittels nachweislich erteilter Vollmacht angesprochen werden können und zu Rechtshandlungen (wie Kündigung des KgPV) berechtigt sind.
-Vorliegende persönliche Daten und mögliche Kontaktaufnahmen sollen überprüft und ergänzt werden.
Über die Gesprächsinhalte, Vereinbarungen usw. sollte ein schriftliches Protokoll angefertigt, von den Gesprächsparteien unterzeichnet und jedem ausgehändigt werden.
Dr. Wolfgang Rößger