Entsprechend der Passionszeit, in der wir uns bis zum 23. April befinden, soll die Passionsblume (Passiflora incarnata), die von der Universität Würzburg zur Arzneipflanze des Jahres 2011 erwählt wurde, etwas genauer betrachtet werden. Sie gehört zu den Passionsblumengewächsen, ist in Mittel- und Südamerika beheimatet, wird in Indien und in geringem Maße in Spanien und Italien zur Drogenproduktion angebaut.
Die Passionsblume ist eine ausdauernde Pflanze, die bis zu 5 m lange kahle, dünne, schwach gerillte rankende Stängel ausbildet. An ihnen sitzen gestielte, tief dreilappige wechselständig angeordnete Blätter. Die Blattlappen sind eiförmig, lanzettlich und am Rand kleingesägt. Faszinierend sind die bizarr gestielten Blüten, die einen Durchmesser von 8 cm erreichen können.
In den Heimatgebieten nutzten die Einwohner offensichtlich die eiförmigen Früchte der Pflanze, die Maracuja oder Grenadille. Diese schmecken bitter bis süßlich oder extrem sauer, enthalten verschiedene Zucker sowie organische Säuren und sind reich an vielen essbaren Kernen.
Pharmazeutisch genutzt werden die zur Blütezeit geernteten oberirdischen Teile der Pflanze. Sie werden frisch oder getrocknet eingesetzt. Als wichtige Inhaltstoffe sind Flavonoide, vor allem Apigenin und Luteolin, Cumarinderivate, essentielle Fettsäuren und ätherische Öle zu nennen. Toxische Stoffe wurden entgegen früherer Aussagen in der Pflanze nicht nachgewiesen. Dem Passionsblumenkraut wird eine umfangreiche Heilwirkung zugeschrieben. Als Sedativum (Beruhigungsmittel) bei nervös bedingten Beschwerden im Magen- Darmbereich, bei Schlafstörungen, nervöser Unruhe, Unregelmäßigkeiten des Kreislaufes und leicht erhöhtem Blutdruck kommen Tee oder Fertigpräparate zum Einsatz. In Verbindung mit Baldrian, Weißdorn, Hopfenzapfen und Melisseblättern ist die Passionsblume ein Beruhigungsmittel, das sich tagsüber gut einsetzen lässt, da es den Patienten in seiner „Alltagstauglichkeit“ nicht beeinflusst.
In der Homöopathie hat assiflora vorwiegend Bedeutung als Schlafmittel.
Die Wurzeln wurden bisher auf Inhaltsstoffe kaum untersucht, doch von amerikanischen Ureinwohnern als Blut-Tonikum in Trinkwasser, bei Leberbeschwerden sowie als Breiumschlägen bei Schnittwunden angewendet.
Es steht nun die Frage, was die Pflanze mit der Passionszeit zu tun hat. Der Gattungsname Passiflora leitet sich vom lat. passio- Leiden und flos- Blume ab. Der Artenarme inkarnata bedeutet Fleisch geworden, sich verkörpern. Symbolhaft ist die herrliche Blüte aufgebaut. So deuten die zehn äußeren Blätter (fünf Kelch- und fünf Kronenblätter) auf die zehn Jünger hin. Die Nebenkrone symbolisiert die Dornenkrone, die fünf Staubblätter die Wundmale, die drei Narben die Kreuznägel, der gestielte Fruchtknoten den Kelch, die Sproßranken die Geißeln und die Laubblätter die Lanze. Die weiße Farbe steht für die Unschuld des Erlösers. Zur Zeit erfreut mich meine Topfpflanze (P. caerulea) mit ihren wunderschönen Blüten (Foto). Leider präsentiert sich eine Blüte nur einen Tag.
Dr. Hannelore Pohl