Heilende Pflanzen vor unserer Haustür
In der Küche und der Gewürzindustrie hat sich Liebstöckel (Levisticum officinale) einen festen Platz erobert. Doch auch als Arzneipflanze ist Liebstöckel bekannt und wird verwendet. Die Pflanze gehört zu der großen Familie der Doldenblütler. Ihre Heimat wird im Nahen Osten, dem Iran oder Afghanistan vermutet. Jetzt ist sie in ganz Europa bekannt und verbreitet.
Liebstöckel ist unter verschiedenen Namen zu finden, so heißt es auch Badkraut, Bärmutter, Gichtstock, Liebstängel, Lustecken, Maggikraut, Nervenkräutel, Sauerkrautwurz oder Wasserkräutel. Obwohl der Name Maggikraut sehr oft verwendet wird, hat sie nichts mit dem Gewürz Maggi zu tun. Im Maggi ist kein Liebstock enthalten, nur der Geruch ist ähnlich.
Liebstock ist eine Pflanze, die schon sehr lange bekannt ist und genutzt wird. So meinte Dioskurides (1. Jahrh. u. Z.) , eine griech. Arzt, dass die Samen erwärmend und verdauungsfördernd wirken . Im Capitular de villis unter Karl dem Großen wurde die Pflanze ebenfalls erwähnt. Hildegard von Bingen lobte die Pflanze bei Halskrankheiten. Bei Halsweh soll heiße Milch mit Honig durch die hohlen Stängel getrunken werden.
Liebstöckel ist eine krautige, mehrjährige Pflanze. Aus einem Rhizom, einer Grundachse treibt ein röhriger kahler, im oberen Teil verästelter Stängel. Er kann eine Höhe von über 2 m erreichen und blüht ab dem 2. Jahr. Die unteren Blätter sind lang gestielt und besitzen am Stielgrund eine breite Scheide. Die oberen Blätter sind kürzer gestielt. Die Blätter an der Spitze der Pflanze sitzen direkt an der Scheide. Die unteren Blätter sind 3 zählig und 2- 3 fach fiederschnittig. Die mittleren Blätter sind weniger geteilt und die obersten Blätter sind einfach. Der Blütenstand ist eine Doppeldolde. Die Blüten sind unscheinbar und blass gelb. Blütezeit ist Juli und August. Bestäubt werden die Pflanzen durch Insekten, Käfer, Fliegen, Schwebfliegen, Wespen und mittelrüssige Bienen. Der Nektar ist freiliegend. Auch Selbstbestäubung ist möglich und führt zu Fruchtansatz. Die Vermehrung erfolgt somit generativ oder vegetativ. Liebstöckel liebt feuchten, halbschattigen, schwach sauren bis neutralen Boden, der gut mit Nährstoffen versorgt sein sollte.
Vom Liebstöckel wird die gesamte Pflanze genutzt. Die Früchte vor allem bei Verdauungsbeschwerden und Blähungen. Verwendung finden sie auch als Gewürz, vor allem in Backwaren. Das Kraut, frisch, getrocknet oder eigefroren ist ein gutes, doch intensives Gewürz für kräftige Suppen, Fleischgerichte, Pilze oder Eierspeisen. Dank seiner verdauungsfördernden Wirkung hat es Bedeutung als Gewürz bei der Likörherstellung für Magenschnäpse. Schon zu Zeiten Karl des Großen wurde gesagt, „macht einen guten Magen und vertreibt die Winde“. Die Speisen werden durch Liebstöckel bekömmlicher und der Wohlgeschmack wird erhöht. Vor einem Zuviel muss allerdings gewarnt werden. Das frische Kraut soll mitgekocht werden, damit das gesamte Aroma frei wird. Das Gewürz hebt und verstärkt den Fleischgeschmack.
Der wichtigste Inhaltsstoff ist das ätherische Öl mit seinen unterschiedlichen Komponenten. Als Hausmittel in der Volksmedizin wird Liebstöckel gegen Magenbeschwerden eingesetzt, die auf Verdauungsschwäche zurückgeführt werden. Auch gegen rheumatische und Gichtbeschwerden, gegen Migräne und Menstruationsbeschwerden hat sich Liebstöckel bewährt. Meist wird dabei die Wurzel verwendet. Bei Bedarf werden die pulverisierten Wurzeln eingenommen oder es wird ein Tee zubereitet. Die Wurzel wird mit kaltem Wasser angesetzt, erhitzt, abgeseiht und der Tee getrunken.
Doch Vorsicht, schwangere Frauen und nierenkranke Personen sollten Liebstöckel meiden!!
Es ranken sich auch viele Mythen um Liebstöckel. So soll das Kraut gegen böse Geister sowie gegen Unwetter und Hexerei wirken. Auch galt es im 16. Jahrhundert als Aphrodisiakum.
Kontaktdaten: Freundeskreis Botanischer Garten Oberholz, Störmthaler Weg 2, 04463 Großpösna, Tel. 034297- 41249, Mail: botanischer-garten-oberholz@gmx.de
Hannelore Pohl.