Heilende Pflanzen vor unserer Haustür
Betrachten wir gleich im neuen Jahr ein weiteres Getreide, die Gerste (Hordeum vulgare). Auch sie ist eine wichtige Getreideart. Die älteste Nutzung soll auf 15.000 v. Chr. datiert sein und auf die Wildgerste Hordeum vulgare ssp. spontaneum zurückgehen. Seit etwa 10.000 Jahren wird Gerste schon angebaut, in Mittelleuropa etwa seit 5.500 Jahren. Ihre Heimat ist der vordere Orient. Gerste gehört wie alle Getreidearten zu der Familie der Süßgräser, ist ein Dunkelkeimer und eine einkeimblättrige Pflanze. Gerste ist ein einjähriges Gras, das bis zu 1,20 m hoch wird. Die Pflanze ist glatt und unbehaart, der Halm steht aufrecht und die parallelnervigen Blätter sind wechselständig angeordnet. Gerste ist begrannt. Als Jungpflanze ist sie von den anderen Getreidearten durch ihre unbewimperten langen Blattöhrchen gut zu unterscheiden. Gerste gedeiht in Mitteleuropa, liebt ein sommerkühles Klima, fruchtbare, mäßig trockene neutrale tiefgründige Lehmböden mit guter Wasserzufuhr. Wie bei Roggen und Weizen wird unterschieden zwischen Sommer- und Wintergerste. Wintergerste wird ab Mitte September ausgesät und bildet vor dem Winter schon alle Bestockungstriebe aus, benötigt aber um zu blühen, die Vernalisation (Kälte) und wird im Sommer des Folgejahres geerntet. Wintergerstensorten sind mehrzeilig (vier- sechszeilig). Sommergerste hat eine Vegetaionsdauer von etwa 136 Tagen, wird im Frühjahr gesät und im Sommer geerntet. Sommergerste ist meist zweizeilig. Ihr Ertragspotential ist geringer als das der Wintergerste.
Im Mittelalter war Gerste ein ertragreiches Viehfutter und ein sättigendes Nahrungsmittel. Ob als Brei oder Suppe war Gerste lange das wichtigste Grundnahrungsmittel. Heute hat Weizen die Gerste schon wegen seiner guten Backeigenschaften verdrängt. Doch auch die Gerste überzeugt durch interessante Inhaltsstoffe. So enthält sie 60- 70 % Kohlenhydrate, überwiegend als Stärke, etwa 11 % Eiweiß, 10 % Ballaststoffe und rund 2 % Fett, weiterhin Mineralien, Vitamine und Wasser. Wintergerste, die höhere Anteile an Proteinen enthält, wird nach wie vor vorwiegend als Tierfutter verwertet.
Sommergerste mit einem niedrigerem Proteingehalt (< 9 %) findet Verwendung bei der Bierherstellung als Braugerste. Dazu wird sie angekeimt, das eine hohe Keimfähigkeit erfordert und getrocknet. Zu hohe Proteingehalte lassen das Bier ausflocken oder trüben es ein. Dies ist nicht schädlich, jedoch optisch unerwünscht. Gerstenmalz ist auch ein Grundstoff für die Herstellung des schottischen Whiskys.
Aus Sommergerste werden durch Schälen der Körner Graupen hergestellt. Die äußere Kornschicht wird abgeschliffen und es entstehen die unterschiedlichen Größen der Graupen.
Gerstenprodukte sollten öfter in unseren Speiseplan einbezogen werden. Die Gerste enthält Beta- Glukane (hochmolekulare Polysaccharide), die den Cholesterinspiegel senken und dich günstig auf den Blutzuckerspiegel auswirken. Sie haben daneben quellende Eigenschaften, die die Darmgesundheit verbessern und die Verdauung unterstützen. Ptisane, eine Grütze oder ein Absud aus gekochten Gerstengraupen ist gut verdaulich und wird bei akuten Erkrankungen als Nähr- und Heilmittel eingesetzt. Auch Gerstenwasser, Tisane, die Gerste mit Wasser aufgekocht und das Korn verworfen, soll Kranke und schwache Menschen stärken. In Japan und Korea wird Gerstentee getrunken, um stressbedingten Magengeschwüren vorzubeugen. In der traditionellen tibetischen Medizin gilt Gerste als heilsam, da sie den Darm anregt. Gerste enthält weniger Gluten als Weizen und ist daher für manche Menschen besser verträglich. Doch kann das Mehl ohne Zugabe von glutenhaltigen Mehlen nicht verbacken werden. Interessant ist noch, dass anstelle von Risotto Orzotto (orzo- Gerste) zubereitet werden kann. Dazu werden Vollkorngerste oder Graupen genutzt.
Experimentieren Sie mit der Gerste, es lohnt sich bestimmt!
Auch in diesem Jahr sind wir zur Haus- Garten- Freizeit- Messe (10.02.- 18.02.2024) wieder präsent. An den Tagen vom 12.- 14.02. sind wir in der Halle 1 am Informationsstand des Stadt- und Kreisverbandes der Kleingärtner anzutreffen. Wir freuen uns auf Gespräche mit Ihnen.
Kontaktdaten: Freundeskreis Botanischer Garten Oberholz, Störmthaler Weg 2, 04463 Großpösna, Tel. 034297- 41249, Mail: botanischer-garten-oberholz@gmx.de
Hannelore Pohl.