Ein attraktiver Farbtupfer im Frühjahr ist mit seiner blau- violetten Blüte die Gemeine Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris). Es ist eine ausdauernde Pflanze, die zu den Hahnenfußgewächsen gehört. Aus einem aufrechten kräftigem Rhizom, dem Überwinterungsorgan, treiben im zeitigen Frühjahr ein oder mehrere Blütenstängel. Diese können bis zu 20 cm groß werden, sind weich und silbrig behaart. Am Ende der Stängel wird eine große glockenförmige Blüte gebildet. In dieser befinden sich viele gelbe Staubgefäße. Ein reiches Pollen- und Nektarangebot lockt viele Bestäuber, wie Hummeln und Bienen an. Auch Schmetterlinge und Ameisen laben sich an den Blüten. Die Form der halbgeöffneten Blüte ähnelt einem Glöckchen, einer Schelle, das die Kühe um den Hals trugen, einer „Kühchen“schelle. Daraus ist die Kuh- oder Küchenschelle geworden. Die botanische Bezeichnung – Pulsatilla- kommt von dem lateinischen Wort pulsare, das schlagen oder läuten bedeutet.
Die zahlreichen, nicht miteinander verwachsenen Fruchtblätter besitzen nur eine Samenanlage. Ist die Pflanze verblüht, entwickeln sich die Griffel federförmig und vergrößern sich bis zur Fruchtreife. Die Pflanze gewinnt an Größe. In einem kugeligen Fruchtstand stehen dann viele kleine spindelförmige Nüsschen zusammen. Diese Samen sind ebenfalls ein Schmuck der Pflanze. Die Verbreitung der Samen, der Federschweifflügler, erfolgt durch den Wind. Manche Früchte bohren sich auch in den Boden oder haften an Tieren und werden so weiter transportiert.
Die lang gestielten, gefiederten, mit unregelmäßig tiefen Einschnitten versehenen Laubblätter sitzen an grundständigen Rosetten. Sie sind filzig behaart und geben ihnen dadurch einen silbrig glänzenden Farbton. Die Laubblätter erscheinen erst, wenn die Pflanze blüht.
Die Küchenschelle steht unter Naturschutz und darf nicht von ihrem natürlichen Standort entfernt werden. Doch auf dem Pflanzenmarkt gibt es züchterisch bearbeitete Sorten sowie auch die blau- violett blühende ursprüngliche Herkunft. Die Pflanze liebt trockene und sonnige Grasflächen und fühlt sich in Steingärten wohl. Ein Umpflanzen verträgt sie durch das bis zu 1m in die Erde wurzelnde Rhizom schlecht. Eine Vermehrung erfolgt vegetativ oder generativ. Doch Vorsicht, die Kuhschelle ist ein Kaltkeimer.
Kuhschellen fanden schon in der Antike Anwendung als Heilpflanze. Hippokrates (460- 370 v.u.Z.) empfahl die Pflanze gegen hysterische Angstzustände und zur Menstruationsförderung.
Doch Vorsicht! Die Pflanze ist giftig! Wie alle Hahnenfußgewächse enthält auch sie das Protoanemonin, das beim Trocknen in das weniger giftige Anemonin übergeht, sowie Gerbstoffe, Saponine, Enzyme, Steroide und fettes Öl. In der russischen Volksmedizin war es ein Mittel gegen Kopfschmerzen und Erkältung. Dazu wurden frisch zerquetschte Blätter auf den Hinterkopf gelegt.
Bedeutung hat die Pflanze heute in der Homöopathie und in der chinesischen traditionellen Medizin. Homöopathisch wird die frische Pflanze bei leichten Magen- und Darmerkrankungen, bei Kopfschmerzen, Migräne, Gallenproblemen, Erkältung, Bronchitis, Rheuma, Gicht oder Hautekzemen genutzt. Doch ist interessant, dass die in der Kuhschelle enthaltenen Inhaltsstoffe in wissenschaftlichen Untersuchungen antibiotische und antipyretische (fiebersenkende) Wirkungen zeigten. Die Kuhschelle, eine schöne, interessante Pflanze, die gut für die Natur und Umwelt und deren Anbau und Pflege unproblematisch ist.
Dr. Hannelore Pohl