Heilende Pflanzen vor unserer Haustür
Sehr viele bekannte und weniger bekannte Arznei- und Gewürzpflanzen gehören zu der großen Familie der Doldenblütler. So auch die Gattung der Bibernellen (Pimpinelle). Zu der Gattung zählen etwa 160 Arten, von denen 16 in Europa heimisch sind. Die bekannteste Art dürfte Anis sein. Zu den Bibernellen gehören auch die große und die kleine Bibernelle (Pimpernelle major und saxifraga). Allgemein sollen die Bibernellen vorgestellt werden, im Besonderen wird noch auf die Große Bibernelle verwiesen.
Die Bibernellen, mit ihrem gefiedertem Blattwerk und den doldenförmigen Blütenständen sind wunderschön anzusehen. Die Blüten verströmen einen zarten Duft mit süßlicher Note. Das Aroma lockt Bestäuber an. So sind die Pflanzen eine wertvolle Nahrungsquelle und aus naturnahen Gärten nicht wegzudenken.
Als Gewürz haben die Pflanzen besondere Bedeutung. Rührt der lat. Name vermutlich vom Wort piper her, das Pfeffer bedeutet. Der Geschmack der Wurzel hinterlässt eine leichte Schärfe auf der Zunge.
Die Bibernellen zeichnen sich aus durch grundständige Blätter, die häufig ungeteilt oder einfach gefiedert und Stängelblätter, die mehrfach gefiedert sind. Die Blätter sind oft blaugrün und stehen sich paarweise gegenüber. Die Blüten sind Doppeldolden. Jeder Doldenstrahl verzweigt sich in eine weitere Dolde, jeder Doldenstrahl endet in einer Einzelblüte, die aus Kelch- und Kronenblättern besteht. Die Kelchblätter sind undeutlich ausgeprägt. Die Kronblätter sind weiß, gelb oder rötlich gefärbt. Die Griffel sind erhaben, auf ihnen stehen zwei Griffelstrahlen. Nach der Bestäubung entwickelt sich eine Spaltfrucht, die aus zwei Teilfrüchten zusammengesetzt ist. An ihrer Spitze bleibt das Griffelpolster mit den beiden Griffeln erhalten. Die Früchte sind eirund, kahl oder behaart. Die Pflanzen wachsen als einjährige oder krautige Pflanzen. Sie bilden eine unterirdische Pfahlwurzel aus, das Fleisch der Wurzel ist hell gefärbt. Die Höhe der Pflanzen beträgt 40- 80 cm. Die Stängel sind unbehaart, hohl und weisen eine deutliche Längsrippe auf. Der Standort sollte sonnig bis halbschattig sein. An den Boden werden keine besonderen Ansprüche gestellt. Ein lockerer, leicht lehmiger Boden ist von Vorteil.
Bibernellen sind als Wildvorkommen in Europa und Asien zu finden an Wegrändern, Fettwiesen und natürlichen Waldlichtungen bis zu Höhen von 1800 m.
Besondere Bedeutung haben die Bibernellen in der Naturheilkunde, denn sie enthalten äth. Öle, Gerbstoffe, Cumarine und Saponine. Ein sehr intensives Aroma verströmen die Pflanzen an regnerischen Tagen. Als Droge dient vorwiegend die Wurzel, die ab dem 2. Standjahr geerntet werden kann.
Am Ende des Jahres sollte ein Rückschnitt der oberirdischen Teile erfolgen. Die Wurzel treibt im kommenden Jahr wieder aus. Die vertrockneten Stängel bilden jedoch auch im Winter eine wertvolle Nahrungsquelle für die Vögel, die von den Früchten und Samen zehren. Die hohlen Stängel dienen Insekten und Käfern als Rückzugsort.
Alle Vertreter der Bibernellen sind gegen Schädlinge und Krankheiten sehr robust. Staunässe vertragen die Pflanzen nicht, es kann dann zu Fäulnis an den Wurzeln und der Stängelbasis kommen.
Die Große Bibernelle ist schon seit dem 16. Jahrhundert als Arzneipflanze bekannt. Durch ihre Inhaltsstoffe wirkt sie schleimlösend, reizlindernd, entzündungshemmend, adstringierend, blutreinigend und -stllend, schweiß- und harntreibend. So wird die Wurzel vor allem eingesetzt bei Husten und Heiserkeit, Verdauungsproblemen, Halsentzündungen, Bronchitis, Asthma und äußerlich bei schlecht heilenden Wunden. Die jungen Blätter schmecken süßlich scharf und sind eine gute Würze für Suppen, Soßen, Salate, Kräuterbutter und Gemüse. Der Geschmack und der Duft sind herbsüß und erfrischend, Stängel und Blätter schmecken gurkenähnlich. Ein Tee wird als Kaltansatz zubereitet.
Hingewiesen werden soll noch, dass leider im Volksmund oft der Kleine Wiesenknopf, der zu den Rosengewächsen gehört, als Bibernelle bezeichnet wird.
Kontaktdaten: Freundeskreis Botanischer Garten Oberholz, Störmthaler Weg 2, 04463 Großpösna, Tel. 034297- 41249, Mail: botanischer-garten-oberholz@gmx.de
Hannelore Pohl.