Heilende Pflanzen vor unserer Haustür
Wer Ackerschachtelhalm (Equisetum arvense) im Garten hat, wird an seinem Entfernen verzweifeln. Er wird es nicht schaffen. Doch kann ihr beim näheren Betrachten vielleicht doch noch etwas Positives abgewonnen werden. Ackerschachtelhalm auch unter den Namen Pferdeschwanz, Scheuergras, Zinnkraut oder Schäftelein bekannt, gehört zu den Schachtelhalmgewächsen.
Die Pflanzen sind lebende Fossile. Vor etwa 400 Mill. Jahren waren diese Pflanzen bis zu 30 m hohe Bäume und bildeten mit den Riesenfarnen die ersten Wälder, die Grundlage für unsere Steinkohle. Interessant ist die Vermehrung der Pflanzen. Aus einem verzweigten, waagerecht im Boden liegenden Wurzelstock werden braune Sporentriebe mit endständigen Sporenähren gebildet. Erst einige Wochen später erscheinen die unfruchtbaren grünen Triebe, die wie kleine Tannenbäume aussehen (Foto). Sie bestehen aus einem Stängel, der 20- 30 cm hoch werden kann. Dieser trägt in Quirlen angeordnete Seitenäste. Offensichtlich bewahrte diese Möglichkeit der Vermehrung die Pflanze vor der Ausrottung. Auch die botanische Bezeichnung nimmt darauf Bezug. Die hellbraunen bis rötlichen Sporentriebe ähneln einen Pferdeschwanz – equus- Pferd, saeta- Schwanz; arvum- Acker.
Der Aufbau des Schachtelhalms und der Name sind ebenfalls interessant, denn während des Wachstums schiebt sich eine „Schachtel“ nach der anderen, ähnlich einem Teleskop, aus dem Trieb.
Ackerschachtelhalm ist als nicht unbedingt erwünschte Pflanze in Gesamteuropa, in Asien und Nordamerika auf Ackerland, an Wiesenrändern, Ödland und Böschungen weit verbreitet. Er ist eine Anzeigerpflanze für verdichtete und nasse Böden, wurzelt er doch bis zu 1,60 m tief.
Doch schon im Altertum war seine heilende Wirkung bekannt und er wurde angewendet als entwässernde, harntreibende und blutstillende Pflanze.
An Inhaltsstoffen sind in den grünen sterilen Sprossen über 5 % Kieselsäure, Flavonoide, Phytosterine, Mineralstoffe und Vitamine enthalten.
Im 16. Jahrhundert wurde Ackerschachtelhalm von Rembers Dodoens, einem flämischen Arzt und Botaniker als Mittel der Wundheilung und die Asche der Pflanze bei überschüssiger Magensäure empfohlen. Erst mit Kneipp (1801- 1897) fand die Pflanze wieder Interesse. Sie wird heute als Heilkraut für Haut, Haare und Nägel eingesetzt. Die Anwendung erfolgt innerlich und äußerlich. Schachtelhalmkrauttee wird zur Durchspülung bei bakteriellen und entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege und bei Nierengrieß empfohlen. Auch wirkt sie harntreibend und blutstillend, so bei starken Monatsblutungen oder Nasen-, Lungen- und Magenbluten. Sie wird als Droge eingesetzt bei rissigen Fingernägeln, Haarausfall, Gicht und rheumatischen Beschwerden, bei Knochenbrüchen und Frostschäden. Ackerschachtelhalm ist ein natürliches Beruhigungsmittel und gut für Leber, Herz und Blutgefäße. Nicht angewendet werden soll die Droge bei Herz- und Nierenproblemen.
Zur Aktivierung der Abwehrkräfte wird eine Teemischung aus Schachtelhalm, Malven-, Linden- und Holunderblüten, Spitzwegerich, Fenchelfrüchten und Thymian empfohlen.
In der Küche können die weichen, nadelförmigen grünen Blätter und Stängel als Zutat in Kochgemüse verwendet werden.
Bekannt ist ebenfalls die Nutzung des Schachtelhalmkrautes zum Reinigen von Zinngeschirr, die Kristalle der Kieselsäure wirken da wie Sandpapier.
Auch als Stärkungsmittel für Pflanzen und gegen Schädlinge leistet ein Sud aus Ackerschachtelhalm gute Dienste.
So hat dann doch jede Pflanze neben ihren negativen auch positiven Eigenschaften.
Kontaktdaten: Freundeskreis Botanischer Garten Oberholz, Störmthaler Weg 2, 04463 Großpösna, Tel. 034297- 41249, Mail: botanischer-garten-oberholz@gmx.de
Hannelore Pohl.