§ Sie fragen – wir antworten
Aus den beiden Beiträgen zu den Verkehrssicherungspflichten (LGF 06+07/2014) ist zu schlussfolgern, dass sich für den Kleingartenpächter bei Vorhandensein eines Gartenteiches, Badebeckens, Planschbeckens oder einer in das Erdreich eingelassenen Wassersammeltonne u.ä. Schutz- und Sicherungspflichten ergeben, die den Charakter von Verkehrssicherungspflichten tragen. Wie sind diese, bezogen auf den Gartenteich, inhaltlich zu bestimmen?
Gartenteich: Auf der einen Seite Faszination und unverkennbar positive Auswirkungen für die Natur, aber auf der anderen Seite, insbesondere für Kleinkinder (Lebenzeitraum bis Vollendung des 6. Lebensjahres), ein nicht zu unterschätzender Gefahrenbereich. Neben Verkehrsunfällen mit tödlichem Ausgang gehören der Sturz und das Untergehen in Gewässern oder künstlich angelegten „Wasserstellen“ – so auch in Gartenteichen – mit tödlichem Aus-gang oder schwersten Hirnschädigungen und dadurch bedingten Folgeschäden zu den Hauptunfallursachen bei Kleinkindern. Selbst eine geringe Wassertiefe kann für ein solches Unglück ausreichend sein!
Wer einen Gartenteich anlegen will, vor längerer Zeit angelegt hat oder bei Begründung seines Kleingartenpachtverhältnisses vorfindet, der sollte unter Beachtung der sich unter Umständen veränderten Bedingungen prüfen, ob er den ihm obliegenden Verkehrssicherungspflichten (noch) gerecht wird. Solche veränderten Bedingungen können z.B. sein: Zwischen den benachbarten Gartenfreunden wurde/wird auf Einfriedungen verzichtet oder diese sind so verfallen, dass sie kein Zugangshindernis zum „Teichgarten“ mehr darstellen. Nunmehr gehören jedoch Enkelkinder des Nachbarn zu dem Personenkreis, der sich zunehmend in seinem Kleingarten aufhält. Auch das muss für den „Teichbesitzer“ von Interesse sein. Er stellt fest, um ein weiteres Beispiel zu nennen, dass zur Aufsicht von (Klein-) Kindern verpflichtete Personen ihrer Rechtspflicht nicht oder nur oberflächlich nachkommen.
Die sich für den Gartenteichbesitzer ergebende Pflicht zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit bezieht sich jedoch nicht nur auf Nachbarskinder oder Kinder, die relativ ungehindert Zugang zum „Teichgarten“ haben, sondern auch auf das ggf. veränderte Geschehen im eigenen Kleingarten.
Die Verpflichtung für den „Teichbesitzer“ zu prüfen, ob er den ihm obliegenden Verkehrssicherungspflichten gerecht wird, heißt, sich die Frage zu stellen, ob er dem Charakter der Gefahrenquelle und der von ihm zu beachtenden Umstände Rechnung tragend, alle jene Überlegungen angestellt und daraus resultierende notwendige Vorkehrungen zum Schutz anderer Menschen – insbesondere von Kleinkindern oder Kindern – die infolge ihres geistigen und körperlichen Entwicklungsstandes auch weiterhin eine besondere Fürsorge erfordern, getroffen hat. Im Einzelfall kann und muss diese Fürsorge u.a. auch alten oder psychisch kranken Menschen zuteilwerden, die zum Familienkreis des „Teichbesitzers“ gehören oder sich mit dessen Zustimmung in seinem Kleingarten aufhalten.
Nicht abstrakte Gefahren, eher unwahrscheinlich eintretende Situationen und überspitzte Vorkehrungen sind gefragt, denn eine absolute Sicherheit kann und muss nicht gewährleistet werden. Die Grundlage für die Beantwortung der Frage nach der Erfüllung der dem „Teichbesitzer“ obliegenden Verantwortung ist, ob sein Handeln unter Abwägung erkannter/erkennbarer Anhaltspunkte dem Verhalten eines umsichtigen, verständigen und einem in realistischen Grenzen vorsichtigen Menschen zur Sicherung dieser Gefahrenquelle und damit zum Schutz des gefährdeten Personenkreises entspricht.
Bezogen auf den Schutz der Kinder des benachbarten Gartenfreundes sollte er bei Neuanlegung eines Gartenteiches von diesem Vorhaben hingewiesen und ggf. mit Nachdruck auf das bestehende Verbot, seinen Kleingarten ohne seiner Zustimmung zu betreten und auf die konsequentere Einhaltung entsprechender Aufsichtspflichten durch die zur Aufsicht verpflichteten Personen hingewiesen werden.
Kurzum: Befindet sich der Gartenteich in einem Garten, der infolge seiner vollständigen Einfriedung durch Zäune und/oder Hecken für Kinder in oben geschildertem Entwicklungsstand nicht erreichbar ist, dann muss der Teichbesitzer keine Sicherungsmaßnahmen treffen, die allen Eventualitäten / jedweder abstrakten Gefahrensituation Rechnung tragen.
Insofern besteht für den Kleingartenpächter keine generelle Verpflichtung, durch eine besondere Ufergestaltung, Einzäunung des Gartenteiches, Anbringen von Schutzgittern oder Netzen über oder unterhalb der Wasseroberfläche Gefahren abwendende oder mindernde Maßnahmen zu treffen.
Dr. jur. habil. Wolfgang Rößger