Der Garten hat nicht nur Bedeutung als Lebens- und Aufenthaltsraum für uns Menschen, auch seine Bedeutung als naturnaher Lebensraum für einheimische Pflanzen und Tiere steigt wieder.
Gerade bei den Kleingärtnern ist ein stetig wachsendes Interesse festzustellen, dass nicht nur Pflanzenkrankheiten und Schädlinge abgewehrt, sondern der Förderung des Wachstums sowie der Gesundheit der Pflanzen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Es sollen die natürlichen Möglichkeiten wirksamen Pflanzenschutzes voll ausgeschöpft werden. Mit weiter Fruchtfolge, ausgewogener Düngung, Nutzung natürlicher Resistenzen, Einsatz von Nützlingen, Beseitigung kranker Pflanzen oder Lockerung des Bodens ist meistens der gewünschte Effekt zu erzielen.
Zunehmende Belastungen des Naturhaushaltes durch Pflanzenschutzmittel (PSM), vor allem Unkrautbekämpfungsmittel, wurden in den vergangenen Jahren festgestellt. Bequemlichkeit, ein naturfremder Ordnungssinn und unzureichende Kenntnisse von den “Nebenwirkungen” dieser Mittel auf Mensch und Umwelt machen den Verkauf von beachtlichen Mengen möglich. Gerade deshalb sollten nur noch in Ausnahmefällen und möglichst geringer Dosierung erlaubte PSM in Form von selektiven und nützlingsschonenden Spezialpräparaten im Kleingarten angewendet werden. Vor einer Anwendung prüfe man sorgfältig, ob der Schädling so stark auftritt, dass eine erhebliche Ertrags- und Qualitätsminderung zu befürchten ist. Erst wenn anbau- und kulturtechnische sowie pflanzenzüchterische Maßnahmen nicht ausreichen, können in besonderen Fällen PSM angewendet werden.
Wer so gärtnert, handelt im Sinne des “Integrierten Pflanzenschutzes”. Der vorbeugende, routinemäßige Einsatz von PSM ist im Kleingarten grundsätzlich zu unterlassen, da Mittelwahl, Zeitpunkt, erforderliche konzentrationsstärke, vorhandene Schaderreger und die richtige Applikationstechnik nie vorhersehbar bzw. koordinierbar sind.
Empfehlenswert ist die Verwendung biotechnischer Verfahren zum Anlocken und Vertreiben von Schädlingen zur gezielten Bekämpfung. Unkrautbekämpfungsmittel (Herbizide), Salze und Auftaumittel sind im Kleingarten aus Gründen der Bodenverseuchung nicht mehr erlaubt. Nur die überlegte Anwendung von miteinander verträglichen Verfahren des Pflanzenschutzes sichert dem Gartenfreund ein wenig von jener naturnahen und selbstregulierenden Vielfalt, die den Erholungswert seiner “grünen Insel” beträchtlich erhöht.
Dem naturbewussten Hobby- und Freizeitgärtner eröffnet sich eine interessante und abwechslungsreiche Aufgabe. Neben der Chance, für den Eigenbedarf gesundes, frisches Obst und Gemüse ohne Gift heranziehen, hat er die Möglichkeit, einen Ausschnitt der Natur bewusst zu erleben. Auch die heranwachsenden Kinder genießen so die Vielfalt der Natur, erleben das Wachstum vom Samenkorn bis zur großen Sonnenblume und freuen sich an Eidechsen, Bienen, Igeln, Vögeln und Schmetterlingen.
Naturnahes Gärtnern setzt Verständnis für die Natur voraus und verlangt den Willen, so wenig wie möglich in den Naturkreislauf einzugreifen. Der naturbewusste Kleingärtner beobachtet in seinem Garten die natürlichen Prozesse, greift regulierend ein und ist sich der Verantwortung bei seiner Tätigkeit bewusst. Er weiß, dass ein Stück Boden ihm nur auf Zeit zur Nutzung gegeben ist.
Damit verbunden ist eine große Verantwortung gegenüber den nachfolgenden Generationen. Es gilt festzuhalten, ein naturnaher Garten ist kein verwilderter Garten, wie oftmals angenommen wird. Schön gestaltete Kleingärten und Naturnähe sind nicht zwangsläufig Gegensätze.
Mischkulturen, Mulchen, Verzicht auf nichtheimische und überzüchtete Arten sind keine Fesseln für die gärtnerische Kreativität. Viele Kleinlebewesen, die wir als Schädlinge ansehen, sind eine Nahrungsgrundlage für unsere Nützlinge (z.B. Blattläuse für Marienkäfer). Deshalb wird ein gewisser Befall von Schädlingen im biologischen Pflanzenschutz toleriert. Auch in einem naturnah angelegten Garten kommt man ohne befestigte Gartenwege nicht aus. Statt des Betonierens der Wege und der Errichtung hässlicher Zementschneisen sollten natürliche Pfade, die den Regen ins Erdreich dringen lassen, angelegt werden. Jeder Quadratmeter Boden, der jetzt noch versiegelt wird – wie die Abdichtung der Oberfläche bezeichnet wird – ist ein Quadratmeter zu viel.
Eine naturnahe Gartenbewirtschaftung kann man in 10 Grundregeln zusammenfassen. Diese sind als Anregung und Anleitung zu verstehen, um eine gute Ernte zu erzielen und einen schönen Garten zu gestalten. Zurückhaltend und nur mit natürlichen Mitteln düngen, um Bodenleben und Bodenfruchtbarkeit zu stärken Eine Bodenverbesserung erfolgt durch Zufuhr von Humus in Form von Kompost und tierischen Dungstoffen (frischen Stalldung meiden, da er Gemüsefliegen anlockt).
Zum Zwecke der Nährstoffanreicherung der Gartenböden werden stickstoffsammelnde Pflanzen angebaut (Ackerbohnen, Erbsen, Sommerwicken, Lupinen). Schnellwachsende und ausreichend Grünmasse bildende Arten sind zur Gründüngung geeignet (Senf, Sonnenblumen, Erdklee, Raps). Die beste Düngung ist genau auf den jeweiligen Boden abgestimmt. Hierzu gibt die Bodenanalyse präzise Hinweise. Sie macht sich durch gesunde Pflanzen, reiche Erträge und dem Einsparen falscher oder überflüssiger Düngemittel in kurzer Zeit bezahlt. Das zweifelhafte Motto “viel hilft viel” ist im Garten fehl am Platz. Überdüngungen führen nicht nur zu ungesunden Anreicherungen in den Gartenfrüchten, sondern belasten wegen der leichten Löslichkeit der Dünger auch stark das Grund- und damit unser Trinkwasser.
“Recycling” durch Kompostieren: Die Kompostbereitung gehört in jeden Garten. Der Kompostplatz ist der wesentliche Kern eines naturnahen Gartens. Komposterde ist der wertvollste Zusatzstoff, den wir unseren Gartenböden verabreichen können. Sie verbessert die Durchlüftung, das Wasserhaltevermögen des Bodens, fördert das Bodenleben und beschleunigt die Erwärmung im Frühjahr. Der würzige Geruch und die weiche „Krümeligkeit“ sind Kennzeichen gesunden Kompostes. Regenwürmer sind wichtige Helfer beim Kompostieren, wenn der Haufen stets gut feucht gehalten wird. Sonderform einer Kompostanlage ist das sogenannte Hügelbeet, welches meist in Mischkultur sofort bepflanzt werden kann.
Mulchen gegen Austrocknen und “Unkraut” Eine sich langsam zersetzende Schicht aus Mulch und Rohkompost schafft eine vor Austrocknung, Ausschwemmung und Winderosion schützende Haut, die außerdem Dünger für neue Pflanzen bildet, in dem Bodenbakterien und -pilze die organischen Stoffe wieder in mineralische Salze auflösen, die wiederum von den Wurzeln der lebenden Pflanzen aufgenommen werden können. Mit dem Gartenhäcksler zerkleinerte Äste und Zweige sind ein ideales Mulch- und Düngematerial, ebenso Rindenteile, Stroh und Rasenschnitt.
Die Auswahl gesunder, widerstandfähiger Pflanzensorten erspart Enttäuschungen Die richtige Sortenwahl bestimmt, wie gut oder wie schlecht sich eine Pflanze entwickelt. Nicht alle Sorten eignen sich für jede Gegend. Gesundes Saat- und Pflanzgut von widerstandsfähigen und resistenten Sorten ist zu verwenden. Bei virusanfälligen Sorten ist die Pflanzenhygiene besonders wichtig. Eine Übertragung durch gegenseitiges Berühren, durch Menschen bei der Arbeit sowie Weiterverschleppung (verseuchte Erde, Werkzeuge und Schuhe) von Schädlingen und Krankheiten ist möglich.
Mischkulturen unterstützen sich in Wachstum und Abwehr. Pflanzen können unter Schadeinwirkung ein erstaunliches Abwehr- bzw. Immunsystem aufbauen. Die Wurzeln bilden Stoffe, die sowohl in den Boden eindringen, als auch ihre Oberfläche schützen. Oberirdische Teile setzen sich mit den Haaren, Borsten und Stacheln gegen Feinde zur Wehr. Wachse, Säuren und Öle verleiden den Angreifern das Zubeißen. Verdunstete Bestandteile bilden bereits im Luftraum einen Schutzschild.
Im Inneren produzieren Pflanzen an gesunden Standorten ständig biochemische Wirkstoffe gegen Pilzinfektionen. So ist es sinnvoll, Abwehrspezialisten im Garten mit einander wachsen zu lassen. Für ein gesundes Wachstum müssen die Standort- und Bodenansprüche der Pflanzen beachtet werden. Der Wechsel von Flach- und Tiefwurzlern lockert den Boden und erhält die Krümelstruktur. Mehrmaliger Anbau derselben Pflanzenart führt zu Übervermehrung von Schädlingen und Krankheitserregern, der Boden gerät aus dem Gleichgewicht, Pflanzen zeigen Mangelerscheinungen.
Ansprüche an Schatten, Sonne sowie sauren und alkalischen Boden sind zu berücksichtigen. Das Allerwichtigste ist die Pflege des Bodens, aus dem unsere Gartenpflanzen wachsen sollen. Der gewachsene Aufbau der einzelnen Schichten muss erhalten bleiben, da die Pflanzen auf diese programmiert sind. Deshalb kein Durcheinander der Lebenszonen durch das vielgeübte, doch deshalb noch lange nicht sinnvolle Umgraben (Einsatz von Grubbern).
Fruchtwechsel ist der gesündeste Pflanzenschutz. Durch geeignete Pflanzzeiten und ausreichende Pflanzabstände kann der Schädlingsbefall nahezu vermieden werden. Aussaat und Pflanzung sind bei den unterschiedlichsten Kulturen so zu wählen, dass die empfindlichsten Stadien der Pflanzen und die Hauptentwicklungszeit der Schaderreger nicht zusammentreffen. Flache Saat liefert im allgemeinen schneller, und kräftiger wachsende Pflanzen. Die Dauer des gefährdeten Jugendstadiums wird dadurch herabgesetzt. Durch geschickte Wahl des Saattermins und eine rechtzeitige Ernte kann ein Teil der Arten nahezu ohne Befall gehalten werden. Da für den Laien die Hauptentwicklungszeit von Schädlingen kaum bekannt ist, empfiehlt sich der Nachschlag in einem Fachbuch bzw. die Konsultation mit dem Gartenfachberater des Vereins.
Gesundheitspflege durch richtigen Baumschnitt und frühzeitiges Entfernen und Vernichten kranker Blätter, Zweige und Früchte, regelmäßiger Schnitt aller Obstgehölze wird mit der Tatsache begründet, dass innerhalb weniger Jahre der Baum und Strauch vollständig verwildert und dabei mehr, aber immer kleinere und minderwertige, häufig von Krankheiten und Schädlingen befallene Früchte liefert. Bei eintretendem Befall von Holzkrankheiten, müssen alle absterbenden und infizierten Äste und Triebspitzen bis ins gesunde, Holz zurückgeschnitten werden. Faule Früchte sind spätestens bei der Ernte ebenfalls zu entfernen.
Vorbeugen durch Stärken; Brühen, Tees und Jauchen unterstützen die Abwehrkräfte. Tees, Brühen und Aufgüsse können nicht nur uns, sondern auch unsere Pflanzen kräftigen und heilen, wenn wir mit ihnen umzugehen wissen. Es ist wichtig, dass bei der Herstellung und Anwendung die Wirkungsweise bekannt ist. Dazu ist ein Studium der Fachliteratur erforderlich. Die richtige Zusammensetzung, der genaue Zeitpunkt und die erforderliche Dosierung haben entscheidenden Einfluss auf die Wirkungsart, die sowohl kräftigend als auch hemmend sein kann. Plätze für Nützlinge schaffen. Wildpflanzenecke, Reisig und Steinhaufen, Nistkästen, Ohrwurmtopf, Biotope.
Mit Monokulturen, englischem Rasen und nicht heimischen Sträuchern und Bäumen bringen wir Insekten, Vögel und Kleinsäuger um ihre Nahrungsquellen. Viele Vögel, die bei uns überwintern, sind auf Früchte heimatlicher Bäume und Sträucher angewiesen. Schützen wir unsere Vögel noch wirksamer, schaffen wir ihnen Lebensraum in Nistkästen, Sträuchern und Hecken und eine natürliche Futtergrundlage.
Zu einer wirksamen Nützlingsförderung gehört es, dass der Liebhabergärtner die wichtigsten Schädlinge und ihre Vertilger kennt und beobachten lernt. Manche Insekten fressende Wirbeltiere (Igel, Kröten, Singvögel) lassen sich durch Angebot von Unterschlupf und Brutstätten u.a. anlocken und ansiedeln. Für den Schutz dieser vielfach schon verdrängten Nützlinge empfiehlt es sich, Reisig bzw. Holzlagerstätten und Steinhaufen anzulegen.
Auch für Nutzinsekten, die Schädlinge vertilgen, gibt es vielfältige Hilfen, die meist in einem reichen Angebot von Blütenpflanzen, an Verstecken, an Schutzzonen oder im Fernhalten von blattlauspflegenden Ameisen bestehen. Feuchtbiotope mit flachem, pflanzbarem Rand, Sumpf- und Flachwasserzonen sind ebenso wichtig für ein gesundes Tier- und Pflanzenleben.
Erik Behrens – Gartenfachberater SLK / LSK