Darf der Vorstand die Beseitigung von Asbest verlangen ?

§ Sie fragen – wir antworten

Offensichtlich fruchten bei einigen Gartenfreunden die überzeugenden Argumente hinsichtlich der von Asbest ausgehenden Gefahren nicht. Unmittelbar nach Begründung eines Kleingarten-Pachtverhältnisses wurden durch den Pächter bei Vorbereitungsarbeiten zur Neuanpflanzung von Obstgehölzen vergrabene Wellasbest-Dachplatten gefunden. Wie hat der Vorstand zu handeln und zu welchen rechtlichen Konsequenzen kann das für den Verursacher führen?

Es ist nicht der erste bekannt gewordene Vorfall dieser Art in den Kleingärtnervereinen (KGV) des SLK, der ebenso zur nochmaligen Positionierung veranlasst, wie die im Internet nachzulesenden, teils
verharmlosenden Beiträge (Anfragen, Antworten bzw. Positionen) auch von „Kleingärtnern”. Selbst mögliche Gefahren durch das Vergraben von Asbest im Kleingarten werden heruntergespielt.

Auch dieser Artikel soll beitragen, unsere Gartenfreunde – damit auch die Nachbarn – untereinander zu sensibilisieren und die Vorstände zu motivieren, gegen jede Art der Bagatellisierung und Missachtung diesbezüglich bestehender rechtlicher Regeln konsequent vorzugehen. Es geht weder um „Panikmache” noch um Hysterie und Drohgebärden, sehr wohl aber um gebotene Einsichten und adäquates Handeln.

Den wissenschaftlichen Erkenntnissen und Praxisanalysen folgend, wonach von Asbest (asbesthaltigen Stoffen, Zubereitungen und Erzeugnissen) generell Gefahren ausgehen, deren Gesundheitsrisiko für den Menschen sich bei einer verbotswidrigen Ver- und Bearbeitung erhöht, wurde an dieser Stelle in der Vergangenheit (zuletzt in Beiträgen im LGF im Juli u. September 2013) das Gefahrenpotential verdeutlicht und auf die aktuelle Rechtslage hingewiesen. Zugleich wurden Vorschläge zur Präzisierung der (Rahmen-) Kleingartenordnung (KGO) des Stadtverbandes Leipzig der Kleingärtner (SLK) unterbreitet.

Diese von der Mitgliederversammlung am 14. November 2013 beschlossene KGO ist für jeden Kleingartenpächter, ungeachtet des Zeitpunktes seines Vertragsabschlusses und des Inhalts der bei Vertragsabschluss geltenden Kleingartenordnung, verbindlich. Zum Thema Asbest finden sich dort die folgenden Festlegungen:
Pkt. 10.5. Kompostierung und Entsorgung
Pkt. 10.5.3. Es ist verboten, … Asbest … zu vergraben.
Pkt. 10.6. Umgang mit asbesthaltigen Stoffen
Es ist verboten, asbesthaltige Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse als Dacheindeckung, Fassadenverkleidung, als Einfriedung von Wegen, Beeten und Kompostierungsanlagen, als Blumenkästen oder zu anderen Zwecken zu verwenden oder im Kleingarten, in der Gartenlaube oder in anderen Baulichkeiten zu lagern.

Vorhandene Dacheindeckungen aus Eternit oder anderen asbesthaltigen Stoffen dürfen nur mit schriftlicher Zustimmung des Kleingärtnervereins (s. 7.5.1.) instandgesetzt oder entfernt werden.
Der Kleingärtnerverein kann vom Pächter verlangen, dass er die erforderlichen Begutachtungen und die ggf. notwendigen Instandsetzungs-/ Abrissarbeiten von einer Fachfirma durchführen lässt.

Bei Bekanntwerden einer solchen, vom Fragesteller skizzierten Handlung, die nicht nur als schwerwiegende Vertragsverletzung des so handelnden Kleingartenpächters, sondern als strafbares Handeln zu werten ist, sollte sich der Vorstand des KGV ohne Verzögerung auf folgende Vorgehensweisen konzentrieren:

  • Es gilt festzustellen, wer die Asbestplatten vergraben hat. Welcher Vorpächter hat mit erteilter oder ohne vor Baubeginn einzuholender Zustimmung des Vorstandes Dacharbeiten vorgenommen? Dieser Frage nachzugehen, kann ein Lösungsweg sein. 
  • Bei Verdachtsmomenten oder Zweifeln sollten im betroffenen Kleingarten an verschiedenen Stellen (durch eine Fachfirma) Grabungen vorgenommen werden, um ggf. weiteres Asbestmaterial im Erdreich festzustellen und als Beweismaterial zu sichern.
  • An den Fundorten sollten Bodenproben entnommen und auf Schadstoffkonzentration zum Zwecke des ggf. notwendigen Austauschs des Mutterbodens untersucht werden.
  • Sofortinformationen sollten an den SLK, den Interessenvertreter der KGV sowie Generalpächter, erfolgen, um das weitere Vorgehen in der Sache – wie Sofortinformationen an das Amt für Umweltschutz der Stadt Leipzig, Strafanzeige gegen „Bekannt” oder „Unbekannt”, Zivilklage gegen den Verursacher auf Schadensersatz – zu führen. Weil die Sach- und Rechtslage vielfach kompliziert ist, sollte ggf. anwaltliche Unterstützung/Vertretung frühzeitig in Anspruch genommen werden.

Dr. jur. habil. Wolfgang Rößger

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