§ Sie fragen – wir antworten
Obwohl ich am 30.11.2022 das Pachtverhältnis über meinen Kleingarten nach vorangegangener Kündigung beendet und ich diesen in den ersten Tagen des Monats Dezember 2022 an den Vorstand zurückgegeben habe, erhielt ich vor wenigen Tagen eine Jahresrechnung für 2023. In ihr werden an mich finanzielle Forderungen hinsichtlich meiner Mitgliedschaft im Verein geltend gemacht. Ist meine Mitgliedschaft durch meine Kündigung nicht auch beendet?
In der Vereinspraxis treten immer wieder Fragen von unseren Gartenfreunden – und das nicht nur aus dem Kreis der Pachtinteressenten – auf oder werden “zweifelhafte” Meinungen zu den Rechtsverhältnissen Vereinsmitgliedschaft und Pacht eines Kleingartens (KG) kundgetan, die aus rechtlicher Sicht im Weiteren – bezogen auf den Gegenstand der Fragestellung – einer näheren Betrachtung und Klarstellung unterzogen werden sollen.
Der Kleingärtnerverein (KGV) ist ein auf Dauer freiwilliger Zusammenschluss von Natur- und Gartenfreunden, die gemeinschaftlich das Ziel verfolgen, nicht nur das Ideal Kleingärtnerei zu huldigen, sondern organisiert eine Kleingartenanlage (KGA) mit einer Vielzahl von Kg zu betreiben und nach den Grundsätzen des Bundeskleingartengesetzes (BKleingG) zu bewirtschaften und zu nutzen. Auf diesem Wege soll nicht nur ein ideeller, sondern vorrangig ein aktiver Beitrag zum Erhalt und zur Entwicklung des Kleingartenwesens und zugleich für den Umwelt- und Naturschutz geleistet werden.
Die Begründung der Mitgliedschaft im KGV und die Pacht eines Kg in der von seinem KGV betriebenen KGA sind der schlüssige Weg auf der Zielgeraden.
Die Mitgliedschaft im KGV und das Kleingartenpachtverhältnis (KgPV) sind zwei voneinander zu trennende Rechtsverhältnisse (Schuldverhältnisse i.S. § 241 ff Bürgerliches Gesetzbuch/BGB). Sie bedürfen sowohl hinsichtlich ihrer Begründung als auch ihrer Beendigung die strikte Beachtung darin enthaltener Rechtsgrundsätze und – soweit darin enthalten – die Befolgung ihrer allgemein verbindlichen Regelungen sowohl durch den KGV als auch durch die Mitglieder und Pächter.
Für die Rechtssicherheit und damit die Vermeidung von Rechtskonflikten und Rechtsstreitigkeiten vor einem Gericht ist für die Begründung, den Verlauf und die Beendigung der Mitgliedschaft im KGV sowie für die Begründung, den Verlauf und die Beendigung eines KgPV mit dem KGV die inhaltliche Gestaltung der Vereinssatzung, des Kleingartenpachtvertrages und der Kleingartenordnung von großer Bedeutung. Viele Unsicherheiten, fehlerhafte Rechtspositionen u.ä. wären vermeidbar, wenn sich der Vertragspartner Vereinsmitglied/Pächter bevor er handelt oder bewertet tiefgründiger mit deren Inhalten beschäftigt und im Falle des Verlustes der Dokumente sich an den Vereinsvorstand wendet.
Die Begründung der Mitgliedschaft im KGV setzt entsprechend der im Wir-kungsbereich des Stadtverbandes Leipzig der Kleingärtner e.V. (SLK) geltenden Mustersatzung einen an den Vereinsvorstand gerichteten schriftlichen Antrag voraus, über den der Vorstand des KGV entscheidet (Aufnahmeverfahren) und die Ent-scheidung dem Bewerber schriftlich mitteilt.
Die Beendigung der Mitgliedschaft im KGV auf Betreiben des Vereinsmitgliedes gebietet eine schriftliche Austrittserklärung des Mitgliedes gegenüber dem Vorstand zum Schluss eines Kalenderjahres unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten. Das alles unabhängig davon, ob er sein KgPV beenden will oder nicht und wenn ja, eine Kündigung des KgPV vorgenommen hat oder vorsieht.
Die Begründung eines KgPV erfolgt auf der Grundlage eines schriftlichen Kleingartenpachtvertrages und der Aushändigung eines von beiden Vertragsparteien (satzungsgemäß) unterzeichneten Vertragsexemplars. Gleichzeitig werden dem Vertragspartner die unter § 11 des Vertragstextes (Sonstige Vereinbarungen) genannten Dokumente ausgehändigt und ihm die Einsichtnahme in die für das KgPV geltenden Vereinsbeschlüsse gewährt.
Die Beendigung des KgPV durch Aufhebungsvertrag richtet sich nach den im Pachtvertrag enthaltenen Regelungen. Bei der ordentlichen Kündigung durch den Pächter sind gesetzeskonforme Regelungen im BKleingG und im BGB sowie Regelungen im Kleingartenpachtvertrag die Rechtsgrundlage. Bei einer fristlosen Kündigung durch den Pächter gelten die im BGB enthaltenen anwendbaren Reglungen über fristlose Kündigungen in § 543 und § 568.
Fazit: Auch der Austritt aus dem KGV bedarf einer schriftlichen Erklärung. Weder der Austritt aus dem KGV seitens des Mitgliedes schließt ohne Kündigung des KgPV dessen Beendigung ein noch führt die Kündigung des KgPV ohne eine gesonderte Austrittserklärung zur Beendigung der Mitgliedschaft im KGV. Bis zum Zeitpunkt einer rechtswirksamen Beendigung der Mitgliedschaft im Verein ist der Verein berechtigt, an das Vereinsmitglied satzungsgemäße Forderungen bzw. Forderungen aus Beschlüssen der Mitgliederversammlung zu stellen
Dr. Wolfgang Rößger