Saatgut, ob selbst geerntet oder aus dem Handel, bietet ein größeres Sortenspektrum als vorgezogene Jungpflanzen aus dem Gartencenter. Daher lohnt sich die eigene Jungpflanzenanzucht, um seltene, historische oder besonders schmackhafte Gemüsesorten im Kleingarten zu kultivieren.
Verwenden Sie nur Saatgut von samenfesten Pflanzen. Saatgut, dass von F1-Hybriden stammt (Kreuzungen), ist für die Weitervermehrung nicht geeignet, da die Nachzuchten in der nächsten Generation meist die sortentypischen Eigenschaften verlieren.
Bereits ab Februar kann mit der Anzucht von Pflanzen mit langer Entwicklungszeit begonnen werden: Tomaten, Paprika, Pepperoni, Auberginen, Physalis, Salat, Lauch, Zucchini, Mangold, Kürbis, Gurken und Melonen. Auch Kohlrabi, Broccoli, Blumenkohl und andere Kohlsorten sind einfach vorzuziehen. Möhren, Radieschen, Rote Bete, Rettich und andere Wurzelgemüsearten gedeihen besser, wenn sie direkt ins Freiland gesät werden. Sommerblumen können ab Ende März vorgezogen werden.
Besonders wichtig bei der Anzucht sind gute Lichtverhältnisse für ein stabiles, kompaktes Pflanzenwachstum. Ohne ausreichendes Licht entstehen nur lange, helle, schwach beblätterte Triebe, die Pflanze “vergeilt” und wird dauerhaft kränkeln.
Ein Kleingewächshaus eignet sich besser, als die Fensterbank. Spezielle Pflanzenleuchten können die Lichtverhältnisse verbessern. Achten Sie auf den Farbton der Lampen: Mit dem Aufdruck 1A, 1B oder der Temperaturangabe 5.000 Kelvin haben sie ein brauchbares, tageslichtähnliches Lichtspektrum.
Ausgesät wird immer in nährstoffarmer Erde. Verwenden Sie spezielle Aussaaterde aus dem Handel oder stellen Sie selbst ein Gemisch aus 2/3 Gartenerde und 1/3 Sand her. Für empfindliche Arten empfiehlt es sich, die Erde vorher zu sterilisieren. Kleine Mengen dämpft man einfach für eine Stunde in einem Bratenschlauch bei 100 °C im Backofen.
Für die Anzucht werden z.B. Aussaatschalen, Blumentöpfe, Minigewächshäuser, Anzuchttöpfe aus organischem Material und Plastikschalen, Eierkartons oder gebastelte Gefäße aus Papier und Pappe verwendet. Vorteilhaft bei organischen Gefäßen ist, dass die Jungpflanzen später gleich im Topf ausgepflanzt werden können, ohne die empfindlichen Wurzeln beim Herausnehmen zu beschädigen.
Die Erde wird in die Anzuchtgefäße gefüllt und leicht angedrückt. Gießen Sie vor der Aussaat, damit die Erde einen Grundfeuchte zum Quellen der Samenkörner erhält. Danach wird das Saatgut möglichst gleichmäßig ausgestreut. Größere Saatkörner, wie die von Tomaten, Paprika, Gurken oder Kürbis werden am besten einzeln in größere Töpfe gesetzt.
Die meisten Gemüsesorten sind sogenannte Dunkelkeimer. Sie brauchen eine mindestens samenkorndicke Abdeckung mit Erde. Kräuter, wie Basilikum, Majoran und Thymian oder Salat sind Lichtkeimer. Deren Samen werden nur leicht angedrückt.
Die Samentöpfe sind mit Art und Sortennamen zu beschriften. Bedecken Sie die Aussaat mit einer dünnen Sandschicht, danach wird angegossen. Die Sandschicht schützt vor einer Austrocknung und verhindert Moosbildung und Pilzbefall. Dann können die Saatgefäße mit Folie, einer Glasscheibe oder dem Deckel eines Minigewächshauses abgedeckt werden, damit eine höhere Luftfeuchtigkeit zur Keimung entsteht.
Nun wird die Aussaat stets feucht, aber nicht nass gehalten. Die Keimdauer ist abhängig von Pflanzenart, Temperatur, Licht und Feuchtigkeit. Zwei Wochen kann es schon dauern, bis die ersten Keimblättchen die Erde durchstoßen. Wenn sich die ersten Laubblattpaare nach den Keimblättern gebildet haben, werden die Jungpflanzen aus größeren Saatschalen vereinzelt und mit Hilfe eines Pikierstabes in größere Gefäße umgepflanzt.
Nach ein paar Wochen, in denen die Topferde nicht austrocknen darf, können die Jungpflanzen an schönen Tagen auf dem Balkon oder im Garten an halbschattiger Stelle abgehärtet werden.
Ab Anfang Mai, wenn keine Nachtfröste mehr zu erwarten sind, werden sie dann ausgepflanzt. Halten Sie ein Schutzvlies bereit, um die empfindlichen Pflanzen ggf. in sehr kalten Nächten abzudecken.
Viel Erfolg bei der eigenen Anzucht von Pflanzen für den Kleingarten wünscht Ihnen
Susanne Hellmann – Gartenfachberaterin der Fachkommission des SLK