Der Teichrohrsänger (Acrocephalus scirpaceus ) im Volksmund auch Rohrspatz genannt, ist von den Rohrsängern am stärksten vertreten. Er ist ein in ganz Europa verbreiteter Zugvogel, der seine Heimat Ende September/Anfang Oktober verlässt und im tropischen Afrika überwintert. In der zweiten Aprilhälfte oder Anfang Mai kehrt er zu seinen Niststätten im Röhricht der Teiche und Seen oder an sumpfigen Stellen mit starkem Schilfbestand zurück. Sein Bestand in Deutschland wird auf 110.000 bis 180.000 Brutpaare geschätzt und für Sachsen werden bis 10.000 Brutpaare angegeben. Der Teichrohrsänger ist etwa so groß wie eine Meise und wiegt rund 15 g. Er hat den typischen spitzen Kopf eines Insektenfressers mit einem langen, schmalen Schnabel. Seine Körperfärbung tarnt ihn gut zwischen alten Schilfhalmen: Auf der Oberseite ist er einfarbig braun, während die Unterseite bräunlich weiß ist. Seine Kehle besitzt eine weißliche Färbung und seine Beine sind dunkel. Der kurze, recht undeutliche helle Überaugenstreif endet meist unmittelbar am Auge. Während die braune Oberseite meist zusätzlich etwas olivgrau eingefärbt ist, sind die Flanken und Unterschwanzdeckfedern beigebraun getönt. Im Bürzelbereich ist die Färbung hellrostbraun.
Dem Teichrohrsänger reicht manchmal ein sehr kleiner Schilfrohrbestand an den Ufern von Seen, Teichen, Tümpeln und Flussarmen, an dem er sein typisches Beutelnest flechten kann. Das Weibchen baut allein und wird vom Männchen nur begleitet. Aufgrund der senkrechten Strukturen in der Vegetation, in der der Teichrohrsänger lebt und brütet, baut er sein Nest nicht in der bei Singvögeln sonst üblichen Art und Weise. Zuerst konstruiert das Weibchen eine Plattform auslosen, um die Schilfstängel gedrehten Halmen. Dann legt sie mit elastischerem Material Schleifen um die Trägerhalme, deren Enden in die Nestwand gesteckt werden. Aus Schilfrispen, Grashalmen und selbst klebrigen, jedoch elastischen und reißfesten Spinnweben entsteht eine äußerst widerstandsfähige Konstruktion, die starkem Wind standhält. Das Nest liegt in hochwassersicherer Höhe über dem Boden, meist in 60 – 100 cm über dem Wasserspiegel. Damit die Eier oder Jungvögel nicht aus dem Nest fallen, ist der sogenannte „Napf“ des Nestes tiefer als bei anderen Arten.
Die Tiefe des Napfes beträgt etwa 6 cm, was der 3,5-fachen Eigröße entspricht. Die Teichrohrsänger beginnen erst zu bauen, wenn das Rohr schon herangewachsen ist. Nach fünf Tagen ist der Bau fertig. Das Gelege besteht aus 3 bis 5 schmutzig weißen oder bläulich-weißen Eiern mit olivbraunen und aschgrauen Flecken dicht besetzt. Die Brut- und Nestlings-dauer verläuft wie bei den anderen Rohrsängerarten. Die Nahrungsgrundlage des Teichrohr-sängers ist vielfältig. Vor allem erbeutet er kleinere Insekten, Schnecken und Spinnen. Als sehr gewandter Insektenjäger fängt er seine Beute entweder in der Luft mithilfe eines kurzen Sprunges von seiner Warte aus, im Flatterflug oder beim Klettern im Halmen Wald. Der Kuckuck missbraucht den Teichrohrsänger als eine von mehreren Vogelarten als Wirt für die Aufzucht seiner Jungen. Ein Kuckucksweibchen ist lebenslang auf eine Wirtsvogelart geprägt. Es legt immerhin 10 – 20 Eier in einer Brutsaison, jeweils nur eines pro Wirtsnest. Ist das Kuckucksweibchen dabei unvorsichtig, verlassen die Teichrohrsänger aufgrund ihrer sehr hohen Störungsempfindlichkeit sofort das Nest. Nur wenn das Kuckucksweibchen ihr Ei unbemerkt in das Nest legen kann, hat auch der junge Kuckuck eine Überlebenschance.
In Deutschland, das stellenweise die westliche Grenze des geschlossenen Brutareals vom Sumpf-rohrsänger (Acrocephalus palustris) bildet, ist er weit verbreitet, nur im äußersten Südwesten ist seine Verbreitung lückenhaft. Sein Bestand für Deutschland wird mit bis zu 850.000 Brutpaare aus- gewiesen. Mit 8.000 – 16.000 Brutpaaren häufigste Rohrsängerart in Sachsen. Er ist Brutvogel nahezu im gesamten Gebiet mit Schwerpunkten in den Flussauen (insbesondere Elbe, Mulde, Weiße Elster, Pleiße), nur lückige Vorkommen und geringe Dichte in höheren Berglagen sowie in Heide-wäldern und Bergbaugebieten des Tieflands. Nur dreizehn Zentimeter lang ist der Sumpf-rohrsänger und damit kleiner als ein Sperling. Mit seiner Tarnfärbung ist der kleine Singvogel nur sehr schwer durch Gras oder Gebüsch zu erkennen. Seine Oberseite ist graubraun, die Unterseite elfenbeinfarben und die Kehle weißlich.
Die Färbung des Bürzels ist olivbraun. Auffällig sind der spitze Schnabel und die oft leicht aufgestellten Federn des Kopfes, die dem Sumpfrohrsänger ein freches Aussehen verleihen. Von seiner Zwillingsart, dem Teichrohrsänger, ist der Sumpfrohrsän-ger leider nur sehr schlecht zu unterscheiden. Auch bei diesem Rohrsänger gleichen sich Männchen und Weibchen und das Brutkleid dem Ruhekleid. Ein sicheres Unterscheidungsmerkmal ist der Gesang. Das Lied des Sumpfrohrsängers gehört zu den schönsten unserer heimischen Sing-vögel. Zudem ist er ein begabter Spötter: Vogelkenner mit feinem Ohr haben bis zu 20 verschiedene Vogelrufe aus seinem Gesang herausgehört. Beide Arten besiedeln dasselbe Gebiet, Kreuzungen kommen jedoch nicht vor.Zudem bewohnt er fast nie das reine Röhricht, sondern bevorzugt das von Nesseln, Brombeerranken und anderen Kräutern durchwucherte Weidengebüsch am Rand der Flüsse, Teiche und Sumpfgebiete. Häufig trifft man ihn auch an übig bewachsenen Bach- und Grabenufern und schließlich weitab von Gewässer und Feuchtigkeit als Bewohner von Getreidefeldern, Erbsen-, Raps- und Rübsenschlägen, und so ist er eigentlich ein „Kulturfolger“ und Charaktervogel der Feldmark und wird darum stets treffend auch als „Getreiderohrsänger“ bezeichnet.
Seine Nahrung besteht in erster Linie aus Insekten und deren Larven, Spinnen und Schnecken, die von den Kräutern gesammelt werden, seltener vom Boden. Neben der Gefährdung des Langstreckenziehers auf dem Zuge und im Winterquartier führen im Brutgebiet vor allem Veränderungen der Landnutzung zu Lebensraumeinschränkungen. Wichtige Vor-sorge- bzw. Schutzmaßnahmen sind die Erhaltung und Verbreiterung von uferbegleitenden Hochstaudenfluren sowie analoger Strukturen im Agrarraum und Siedlungsrandbereich bei gleichzeitiger Unterbindung eines zu starken Gehölzaufwuchses.
Klaus Rost