Aus der Vogelwelt: Greifvögel (3) – Rotmilan

Bild von moonzigg auf Pixabay
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Mit einer weiteren Greifvogelart möchte ich Sie bekannt machen, die wir über unseren Kleingärten beobachten können, wenn wir uns einmal von der gebückten Gartenhaltung aufrichten und gen Himmel blicken. Neben den bereits vorgestellten Arten Turmfalke und Mäusebussard können wir mitunter auch einen bussardgroßen Vogel mit schlanken Flügeln und einem langen Schwanz, dessen Schwanzende eine tiefe Gabelung aufweist, beobachten.

Es ist der nach seinem rotbraunen Aussehen benannte Rote Milan oder kurz auch Rotmilan, im Volksmund auch Gabelweihe (wegen des gegabelten Schwanzes) genannt. Das Flugbild des Rotmilans wirkt majestätisch, wenn er ruhig am Himmel, nach Beute spähend, dahin gleitet.

Mit etwa 65 cm und einer beeindruckenden Flügelspannweite von bis zu 180 cm ist der Rotmilan etwas größer als ein Mäusebussard, aber schlanker. Sein Gefieder ist bräunlich, der Kopf weißlich bis grau. Die Geschlechter sind äußerlich, von der Größe bzw. dem Gewicht abgesehen, nicht unterscheidbar. Männchen wiegen bis etwa 1000 g, Weibchen bis zu 1600 g, so dass man im Vergleich bei kreisenden Paaren die Geschlechter gut unterscheiden kann.

Sein besonderes Kennzeichen ist der lange, gegabelte, rostrote Schwanz. Die rotbraune Unterseite und die großen hellen Felder auf den Handflügeln machen diesen Greifvogel unverwechselbar. Vom ähnlichen Schwarzen Milan ist er durch den tiefer gegabelten Schwanz und durch sein helleres und rötliches Gefieder zu unterscheiden.

Eine Besonderheit des Rotmilans ist sein Vorkommen: Es gibt ihn nur in Europa. Hier leben ungefähr 20.000 bis 25.000 Brutpaare. Sein Hauptverbreitungsgebiet ist Deutschland! Mehr als die Hälfte aller Rotmilane weltweit leben in Deutschland. Der Bestand wird auf 10.000 bis 14.000 Paare geschätzt. Daher tragen wir in Deutschland eine besondere Verantwortung für die Erhaltung dieser Art. Deswegen bezeichnet man den Rotmilan auch als den heimlichen Wappenvogel Deutschlands.

Der Rotmilan liebt reich gegliederte Landschaften, in welchen bewaldete und freie Flächen abwechseln, und brütet gerne in der Nähe größerer Gewässer. Der Horst steht fast ausschließlich im Wald, wobei bis 200 m vom Waldrand entfernte lichte Altholzbestände bevorzugt werden.

Rotmilan-Paare sind meist sehr treu und bleiben häufig ein Leben lang bei ihrem Partner. Außerhalb der Brutzeit, wenn sie kein Revier verteidigen müssen, sind sie gesellig und treffen sich während der Abenddämmerung an Schlafplätzen. Doch nicht alle Paare brüten auch jedes Jahr, wenn z.B. nicht genügend Nahrung vorhanden ist, kein geeignetes Nest gefunden werden kann o.ä., so kann die Brut in einem Jahr auch ausgesetzt werden.

Rotmilane brüten in einem Horst, den sie gerne wiederholt nutzen. Der Horst – wie die Nester der Greifvögel genannt werden – des Rotmilans hat etwa einen Durchmesser von 70 bis 100 cm. Das Horstmaterial besteht aus bis zu daumendicken Ästen sowie dünnem Reisig. Dieses Nest wird in jeder Brutsaison weiter ausgebaut und dabei oft mit allerlei Unrat „verziert”. Es wurden schon Stofffetzen, Absperrbänder, Plastiktüten und sogar Arbeitshandschuhe im Nest verbaut. Diese „Dekoration” macht einen Rotmilan-Horst sogar von außen betrachtet unverwechselbar.

In der Regel wird jährlich eine Brut durchgeführt. Die Gelegestärke beträgt 3 bis 4 Eier. Aus den auf trübweißem Grund mit unterschiedlich stark ausgeprägten, rötlichbraunen Flecken sowie schwärzlichen Girlanden versehenen Eier schlüpfen nach einer Bebrütung von 32 bis 33 Tagen die Jungen. 6 bis 8 Wochen verbringen die Jungvögel im Horst. Anfangs nehmen die Altvögel sie noch regelmäßig schützend unter die Flügel und füttern sie, später bringen die Eltern die Nahrung nur noch zum Horst und die jungen Rotmilane zerteilen sie selbständig. Das Männchen trägt dem Weibchen schon vor der Geburt der Jungen mehr Nahrung zu, als es fressen kann, so dass für die Jungen sofort ausreichend Futter vorhanden ist. Schon wenige Tage nach dem Schlüpfen geben die Jungtiere ihren Kot am Horstrand ab, so dass die Nestmulde sauber bleibt. Nachdem das Weibchen zwei Wochen lang die Jungen gehudert („unter die Fittiche genommen”) hat und durch das Männchen mit Nahrung versorgt wurde, beteiligt es sich am Nahrungserwerb.

Im Alter von etwa drei Wochen beginnen die Jungen mit „Flugübungen”. Dazu stehen sie im Horst und schlagen kräftig mit den Flügeln. Frühestens mit sechs Wochen verlassen sie, anfangs nur kurz, den Horst, sitzen auf den umliegenden Ästen und sind dann als „Ästlinge” gut vom Boden aus zu sehen.

Während der Brutzeit besteht die Hauptnahrung aus kleinen Säugetieren und Vögeln. Nach Menge und Gewicht überwiegen bei den Säugetieren Feldmäuse und Maulwürfe sowie bei den Vögeln sehr auffällig der Star. Auch verschiedene Tauben, Rabenvögel und größere Drosseln, so etwa Amseln, Wacholder- und Misteldrosseln, werden relativ häufig geschlagen. Oft handelt es sich bei geschlagenen Vögeln um verletzte oder kranke Individuen oder um Jungtiere. In wasserreichen Gebieten erbeutet er sowohl lebende als auch tote oder sterbend an der Wasseroberfläche treibende oder ans Ufer gespülte Fische.

Nicht unbeträchtlich ist die Menge an Wirbellosen, die der Rotmilan sowohl im Flug als auch auf dem Boden aufnimmt. Vor allem im Frühjahr können verschiedene Käfer sowie Regenwürmer wichtiger Nahrungsbestandteil sein. Durch die Beseitigung von Aas nimmt der Rotmilan die Aufgabe der „Gesundheitspolizei” wahr, wird allerdings durch Aufnahme von vergifteten Tieren mitunter selbst vergiftet.

Die Mehrzahl der mitteleuropäischen Rotmilane verlässt im Herbst von Mitte September bis Mitte Oktober ihr Brutgebiet und zieht nach Südwesten. Das Hauptüberwinterungsgebiet für die hiesigen Tiere ist das nordwestliche und westliche Spanien. Vor allem in Trockengebieten wie der Extremadura erreicht die Winterpopulation dort eine Größe von über 50.000 Tieren.

Bereits ab Mitte Februar erscheinen die ersten Rotmilane wieder im Brutgebiet. Infolge der in den letzten Jahren vorherrschenden milden Winter überwintern immer mehr Rotmilane bei uns. Der Wegzug erfolgt meist langsam mit längeren Aufenthalten in nahrungsreichen Gebieten, während der Heimzug schneller und gerichteter vonstatten geht.

Im Alter von zwei Jahren werden Rotmilane geschlechtsreif. Der Gesamtbestand in Sachsen wird auf 1000 bis 1400 Brutpaare geschätzt. Rotmilane werden vermutlich bis zu 25 Jahre alt. In Gefangenschaft erreichte ein Vogel sogar ein Alter von 33 Jahren.

Natürliche Feinde hat der Rotmilan kaum. Ein Grund für den Bestandsrückgang sind jedoch Windräder: Rotmilane kreisen bei der Beutesuche in Höhe der Rotoren und werden besonders häufig von ihnen erfasst und im wahrsten Sinne des Wortes geschreddert. Untersuchungen belegen, dass nach Schätzungen in Brandenburg mehr als 300 Kollisionsopfer jährlich zu beklagen sind.

Nicht nur, dass es im September ruhiger in unseren Gärten und in der Natur im Allgemeinen wird, hört man doch kaum noch den Gesang eines Vogels. Auch die Artenvielfalt wird von Tag zu Tag immer geringer, denn die Zugzeit hat begonnen. Zurück bleiben höchstens einige Nachzügler, deren Junge einer Spätbrut noch nicht kräftig genug für die große Reise sind.

Vielleicht handelt es sich auch um Vögel, die durch günstige Verhält¬nisse in ihrem Lebensraum zur Überwinterung angeregt sind. Aber auch Vögel, die ganzjährig bei uns verbleiben, ziehen nun in kleinen Trupps umher und lassen sich auch in unseren Gärten sehen. Es sind Arten, die für ihre Nahrung mehr auf vegetarische Kost stehen. Und hier finden sie gerade jetzt in unseren Gärten an den abgeblühten Blütenständen die jetzt Samen ausbilden einen reich gedeckten Tisch. Vorausgesetzt der Kleingärtner schneidet, seinem Ordnungssinn folgend, nicht gleich jeden verblühten Blütenstand ab. An den Samenständen von Tagetes, Zinnien und Cosmeen finden sich gern Familienverbände vom Stieglitz ein.

Während der Trauerschnäpper schon im Vormonat abzog, folgt ihm nun der Grauschnäpper nach. Er überwintert in Afrika und dem südwestlichen Asien. Ebenso verlassen Nachtigall und Wendehals das Sommerquartier. Während die meisten Afrikaflieger schon abziehen, bleiben viele Mönchsgrasmücken noch hierzulande. Die Anwesenheit hat sicherlich mit der optimalen Ernährungsgrundlage zu tun, der Tisch ist im September reichlich gedeckt. Wie zahlreiche Insektenfresser und speziell die Grasmückenarten stellen die Mönchsgrasmücken jetzt ihren Ernährungsplan stark auf vegetarische Nahrung um. Sie fressen fast überwiegend Beeren. 42 Früchte heimischer Wildsträucher stehen auf ihrem Speiseplan. Darunter solche Arten wie: Vogelbeere, Echte Felsenbirne, Pfaffenhütchen, Kreuzdorn, Faulbaum, Kornelkirsche, Roter Hartriegel, Gemeiner Schneeball und natürlich Roter und Schwarzer Holunder um nur einige zu nennen. Diese Straucharten finden sich häufig in den öffentlichen Teilen unserer Kleingartenanlagen.

Klaus Rost

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