Wenn wir den Stadtrand erreichen und uns der Feldflur nähern, dann fällt uns die fehlende Artenvielfalt auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen, wie auch die Ruhe über den Feldern, auf. Kaum ein Vogel zu sehen und zu hören. Die Feldlerche (Alauda arvensis) gehört wohl mit zu den Vogelarten, die – wenigstens dem Namen nach – den meisten bekannt ist. Die über der grünenden Saat singend aufsteigende Feldlerche ist, jetzt muss man wohl sagen war, für unsere Felder eine bezeichnende Erscheinung und es gibt wohl niemanden, der sich nicht über den abwechslungsreichen Gesang unserer Feldlerche in den Vorfrühlingstagen erfreut.
Bereits Anfang/Mitte Februar kehren die Männchen aus ihrem südlich bis südwestlich Europas liegendem Winterquartier zurück. Die Weibchen folgen 13 Tage später nach. Ein kleinerer Teil der Population überwintert sogar in Deutschland.
Doch ihre Stimme ist heute seltener zu hören. Einst war die Feldlerche ein häufiger Brutvogel der Agrarlandschaft. Doch schon seit vielen Jahren geht ihr Bestand stetig zurück. Die Gründe für den Rückgang sind mittlerweile gut bekannt. Demnach hat die Umstellung von Sommer- auf Wintergetreide dazu geführt, dass die Feldlerche nicht mehr genügend Bruterfolg hat. Denn im Wintergetreide, das bereits im zeitigen Frühjahr dicht und hoch aufwächst, findet die Feldlerche am Boden häufig keine geeigneten Stellen zur Nahrungssuche, um ihre Jungen zu versorgen.
In den 1960er Jahren schätzte man ein, dass „ …der Individuenbestand der Feldlerche im mitteleuropäischen Raum für absehbare Zeit konstant bleiben dürfte. Die Einschränkung des Lebensraums durch zunehmende Bebauung landwirtschaftlicher Nutzflächen wird andererseits durch kontinuierliche Melioration vernässter Gebiete und Neuansiedlung auf Kahlschlägen weitgehend ausgeglichen”.
Das war eine völlig falsche Einschätzung! Man hatte nicht bedacht, dass sich in relativ kurzer Zeit die Strukturvielfalt auf Ackerflächen durch gleichmäßige, schnell wachsende Kulturpflanzenbestände (Raps, Mais, Wintergerste in Monokultur) verändern würde. Es mangelt an sogenannten Fehlstellen mit spärlicher Vegetation, die die Feldlerchen, als Bodenbrüter, zum Starten und Landen sowie zur Nahrungssuche brauchen. Auch der verstärkte Einsatz von Pestiziden und Herbiziden spielt keine unwesentliche Rolle. Als zusagenden Lebensraum verlangt sie niedrige oder zumindest gut strukturierte Gras- und Krautfluren auf trocknen bis wechselfeuchten Böden in offenem Gelände mit weitgehend freiem Horizont.
Die Feldlerche ist etwas größer als ein Sperling und mit 18 bis 19 cm erreicht sie fast die Größe wie ein Star. Beide Geschlechter sind gleich gefärbt. Die Oberseite und Vorderbrust sind blass beige-sandfarben bis rötlichbraun mit markanten dunklen Längsflecken und die übrige Unterseite ist weißlich. Am Boden oder auf einer Warte fallen die oft vom Männchen zu einer deutlichen Haube gesträubten Scheitelfedern auf. Erwähnenswert ist auch die lange Hinterkralle (Hinterzehennagel), dem sogenannten Lerchensporn.
Viele Bodenbrüter des offenen Landes tragen ihren Gesang im Flug vor. Nach meist lautlosem Abflug steigt das Feldlerchenmännchen gegen den Wind, mit kurzhubigen Flügelschlägen fast senkrecht auf, leitet dann den Gesang mit einigen langgezogenen, lockrufähnlichen ,,trieh” oder ,,trlie” ein und steigt im Spiralflug mit immer kleiner werdendem Kreisen bis in durchschnittlich 50 bis 60 (80) m Höhe auf. Langsam, mit fast bewegungslos ausgebreiteten Flügeln, gefächertem Schwanz und ausgestreckten Füßen gleitet der Vogel schließlich fallschirmartig abwärts, wobei er länger dauernde Töne einwebt. In 10 bis 15 m Höhe kann der Sänger verstummen, die Flügel halb anlegen, sich wie ein Stein fallen lassen und erst kurz vor der Landung in der Nähe der Singwarte abfangen. Weibchen singen ebenfalls, jedoch leise und am Boden.
Das Weibchen errichtet am Boden in Furchen und Mulden von Feldern und Wiesen das Nest, welches durch einen Erdbrocken oder ein Grasbüschel gut gegen Sicht geschützt wird. Das Nest selbst ist ein lockerer, breiter Bau aus trockenen Halmen und Wurzeln, welcher innen glatt und rund mit feinen Gräsern ausgelegt wird. Es werden zwei Jahresbruten durchgeführt. Für jede der aufeinanderfolgenden Bruten wird ein neues Nest gebaut. Die Bauzeit dauert bei Erstbrutnestern 8 bis 10, bei Folgenestern nur 4 bis 5 Tage. Folgenester enthalten durchschnittlich weniger Baustoffe als Erstbrutnester.
Die Gelegestärke liegt bei 3 bis 5 Eiern, die in der Färbung und Zeichnung von Weibchen zu Weibchen sehr variabel sind, aber stets schwach glänzend. Auf weißlichem, rahmfarbenem oder hell bräunlichweißem Grund sind sie über und über dunkelgrau bis olivbraun oder braun gefleckt. Zum stumpfen Pol hin kranzartig gehäuft. Die Eier werden in 11 bis 14 Tagen allein vom Weibchen erbrütet. Relativ zeitig verlassen die Jungen bereits am 9. Lebenstag das Nest. Obwohl sie weder fliegen bzw. flattern, noch richtig laufen, sondern sich nur hüpfend fortbewegen können.
Die Jungvögel werden nach dem Verlassen noch etwa bis zum 30. Lebenstag von den Eltern gefüttert. Dennoch beginnen die Jungen vom 16. Tag an selbstständig Futter aufzunehmen. Hinsichtlich ihrer Ernährung nimmt die Feldlerche eine Mittelstellung zwischen Weich- und Körnerfresser ein. Dabei ist die Nahrung den jeweiligen Jahreszeiten angepasst; grob eingeschätzt kann man sagen, grüne Blätter der Saaten stehen im Winter auf dem Speiseplan, während im Frühjahr und Sommer Gliederfüßer und Ringelwürmer bevorzugt werden sowie im Herbst
Sämereien. Die Nestlinge werden in der Regel nur mit Insekten aufgefüttert.
Die Feldlerche kennt man auch unter anderem als Morgen-, Sing- oder Sturzackerlerche. Andere gebräuchliche Namen sind Brach-, Acker- und Weglerche oder auch Korn- und Saatlerche, Luft- oder Holzlerche.
Aber auch unter „Leipziger Lerche” ist sie bekannt. Wie kam es zu dieser Bezeichnung? Singvögel wurden seit dem Mittelalter in Europa gegessen, auch in Deutschland. Lerchen galten als Delikatesse und die Region Leipzig war jahrhundertelang ein Hauptfanggebiet. Die Vögel wurden in Haushalten und Gasthäusern gebraten, mit Kräutern und Eiern gebacken oder als Pastete zubereitet und gar ins Ausland verschickt. Allein im Jahr 1720 wurden an den Leipziger Stadttoren über 400.000 Lerchen verkauft. Schließlich verbot der sächsische König Albert I. 1876 offiziell die Lerchenjagd.
Der Überlieferung zufolge entstand ein Gebäck als Ersatz für die nicht mehr zubereiteten Singvögel. Dabei handelt es sich um ein Makronentörtchen, das aus Mürbeteig besteht und mit einer Masse aus zerdrückten Mandeln und Nüssen gefüllt ist. Verziert ist es mit zwei überkreuzten Teigstreifen. Das Rezept erfahren sie unter www.chefkoch.de. Guten Appetit!
Klaus Rost