Aus der Vogelwelt: Eulen (6): Steinkauz, Sperbereule, Schnee-Eule

Mit seinen ca. 22 cm ist der Steinkauz (Athene noctua) noch nicht einmal so groß wie unsere heimische Amsel. In Sachsen ist er vom Aussterben bedroht. Auf der Liste der Brutvogelkartierung wird 2013 sein Bestand mit 3 bis 6 Brutpaaren ausgewiesen. Auch deutschlandweit ist er stark gefährdet.

Er steht wie kein anderer Vogel für den Lebensraum Streuobstwiese. Er ist ein Brutvogel der bäuerlichen Kulturlandschaft. Seit vielen Jahrhunderten hat er in direkter Nachbarschaft zum Menschen gelebt; insbesondere als Gebäudebrüter (Untermieter in Scheunen, Kapellen, Viehställen, Weinkellern usw.) worauf der Name „Stein“kauz hindeutet.

Die Gründe für die Seltenheit des Steinkauzes sind vielfältig. Die Hauptursache für die Gefährdung ist der Lebensraumverlust. Besonders die Ausräumung der Landschaft stellt den Steinkauz vor ein Problem. Er benötigt Baumhöhlen als Nistplätze und geeignete Tagesverstecke. Die Beute des Steinkauzes lebt in Feldrainen, Wegsäumen und Hecken. Solche Lebensraumstrukturen sind vielerorts selten geworden. Die Zerschneidung der Landschaft durch Straßen und Siedlungen ist ein weiteres Problem. Vielfach verunglücken Steinkäuze im Verkehr und an Stromleitungen. Zum Erhalt der Lebensräume für den Steinkauz und auch andere Vogelarten, ist es wichtig, dass alter Baumbestand und Kopfweiden gepflegt und nicht abgeholzt werden. Der Steinkauz ernährt sich vorwiegend von Feldmäusen. Daneben werden andere Kleinsäuger, Kriechtiere und Lurche erbeutet. Als Nahrungsersatz bei geringem Feldmausvorkommen werden Vögel erjagt. Der Steinkauz frisst auch gerne Regenwürmer, die eine beliebte Aufzuchtnahrung sind. Er ist Ansitzjäger, jagt jedoch auch im niedrigen Flug und zu Fuß.

Sein Gelege umfasst 4 bis 5, in guten Mäusejahren auch 6 reinweiße, rundliche Eier. Wie beim Sperlingskauz brütet auch hier das Weibchen allein. Interessant ist, dass der Steinkauz erst nach der letzten Eiablage mit dem Brüten beginnt, dies im Gegensatz zu den meisten übrigen Eulen. Dadurch können die Jungeulen alle gleichzeitig nach einem Monat die Bruthöhle verlassen. Sie werden dann noch weitere sechs Wochen von beiden Altvögeln mit Beute versorgt. Die Sterblichkeit unter den Jungvögeln ist im ersten Jahr mit 70 % besonders hoch. Die größten Verluste werden durch beutegreifende Säuger wie Hauskatzen und Marder verursacht; darüber hinaus fallen viele Jungvögel anderen Greifvögeln zum Opfer.

Von allen Eulenarten findet der Steinkauz im Volksglauben die größte Beachtung. In Griechenland galt der Steinkauz als Symbol der Weisheit und war Athens Wappentier. Er zierte viele Münzen in früherer Zeit uns ist auch heute auf der griechischen 1€-Münze zu finden. In Mitteleuropa hingegen wurde der Steinkauz in vielen Gegenden als Totenvogel angesehen. Sein furchterregendes Rufen und Kreischen („guuig“ oder „gwuäig“) deutete man als Ankündigung des nahenden Todes.

Die Sperbereule (Surnia ulula) besiedelt Nadel- und Birkenwälder der Taiga-Zone mit angrenzenden offenen Flächen wie Mooren und Kahlschlägen. Sie ist Brutvogel in Skandinavien, Finnland und Nordrussland. Meist ist die Sperbereule Standvogel. Abhängig vom Wühlmausvorkommen streift sie jedoch auch gern als Nomade umher und kann in starken Invasionsjahren als seltener und unregelmäßiger Gast auch bis nach Deutschland wandern. Von Zeit zu Zeit kommt es im Winter zu invasionsartigen Wanderungen, die gelegentlich bis nach Mitteleuropa und in den Süden der baltischen Länder und Zentralrusslands führen.

Die letzte größere Wanderung fand im Winter 2013 statt. Von Anfang Dezember 2013 bis etwa 24. Januar 2014 gastierte eine Sperbereule im sächsischen Stollberg. Und sie war nicht die Einzige in diesem Winter. Im November war ein Individuum für gut eine Woche in Gristede bei Oldenburg in Niedersachsen. Außerdem hielt sich in den Niederlanden in Zwolle bereits seit November ein weiterer Vogel auf. Diese Meldung von der seltenen Vogelart in Sachsen – ca. 3. Nachweis seit 100 Jahren; letzte gesicherte Beobachtung ist lt. „Die Vogelwelt Sachsens (1998)“ 1921 bei Leipzig vermerkt – hatte im Internet entsprechend die Runde gemacht und zog daher auch zahlreiche Bilder aus vielen Teilen Deutschlands und Tschechien an.

Die Eule zeigte keinerlei Scheu und ihre Fluchtdistanz deutete darauf hin, dass ihre Herkunft wohl ziemlich menschenleer gewesen sein muss. Ihr aktuelles Revier war scheinbar reich an Mäusen. Sie fand dort so viel Beute, dass die Mäuse für „schlechtere“ Zeiten in Bäumen deponiert wurden.

Die Sperbereule ist wie die Schnee-Eule am Tage aktiv und daher leicht zu sehen. Meist sitzt sie ganz offen in einer Baumspitze am Rande einer Lichtung. Wie viele andere Vögel des hohen Nordens ist sie sehr zutraulich und man kann sich ihr sehr weit nähern, bevor sie auffliegt, um an einem anderen Platz in der Nähe ihrer Tätigkeit nachzugehen.

Die Sperbereule ist mit 36 bis 41 cm und einer Flügelspannweite von 70 bis 80 cm fast so groß wie eine Waldohreule, jedoch ohne Federohren. Sie hat einen relativ kleinen Kopf mit flacher Stirn und gelben Augen und einen schwarzen Kinn- oder Bartfleck unterhalb des Schnabels. Der weiße Gesichtsschleier ist seitlich schwarz eingefasst. Die Oberseite ist graubraun mit weißlicher Fleckung, das Bauchgefieder ist weiß mit schmalen braunen Querbändern “gesperbert”. Sie hat einen langen, keilförmigen Schwanz und ziemlich kurze, spitze Flügel.                          

Die Schnee-Eule (Bubo scandiacus) ist fast genauso groß wie der Uhu. Im Flug zeigt sie auffallend lange Flügel und einen ziemlich kurzen Schwanz. Die Gefiederfärbung ist beim adulten Männchen schneeweiß, oft ohne jede dunkle Zeichnung, sonst mit wenigen dunklen Punkten oder Querlinien.

Im Unterschied dazu zeigt das weiße Gefieder des Weibchens ober- und unter-seits viel mehr dunkle Flecken und Querbänder.

Die Schnee-Eule besiedelt offenes, übersichtliches Gelände der arktischen Tundra. In Europa kommt sie nur auf Island, in Skandinavien, Finnland und Nordrussland vor. Sie bevorzugt trockenes, weit überschaubares Gelände, wo sie kleine Bodenerhebungen oder Felsblöcke als Ansitz nutzt. Als Strich- und Zugvogel brütet sie in nordischen Fjälls und Tundren.

Um bei kurzzeitigem Nahrungsmangel nicht zu verhungern, legen Schnee-Eulen das ganze Jahr über Vorräte an; darüber hinaus verfügen sie im Winter oft über so große Fettreserven, dass sie bis zu 40 Tagen hungern können.

Schnee-Eulen haben einen gesunden Appetit. 3 bis 5 Lemminge (30 bis 110 g/Tier) am Tag gehen ohne Probleme in den Schnee-Eulen-Magen. Im Jahr sind es bei einem erwachsenen Vogel mehr als 1.600 Lemminge. Außerdem gönnt sich die Schnee-Eule gerne hier und da zusätzlich einen Snack, z.B. Hasen, Nager, kleine Vögel und Fische.

Ab August verlassen Alt- und Jungvögel das Brutgebiet, um nach und nach in südlicher Richtung der Polarnacht und den sich verschlechternden Nahrungsbedingungen auszuweichen. Nach guten Jahren des Überangebotes an Lemmingen, in denen die Schnee-Eulen-Populationen stark anwachsen, wandern die Vögel meist invasionsartig nach Süden und gelangen dabei gelegentlich bis Mitteleuropa, wo sie schon mehrmals in Schleswig-Holstein, auf Nordseeinseln, in Meck-lenburg, Polen und den Niederlanden beobachtet wurden.

Ab März treffen sie wieder in ihren angestammten Brutgebieten ein. Die Schnee-Eule kann Minusgrade von -56 Grad Celsius (!) überstehen und hält damit den Weltrekord unter allen Vögeln. Ihre Lebensdauer liegt zwischen 10 und 17 Jahren.

Klaus Rost

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