Heimische Heilpflanzen: Kriechender Günsel

Foto: Hannelore Pohl

In Europa, Nordafrika, dem Kaukasus bis zum Iran ist der Kriechende Günsel (Ajuga reptans) anzutreffen.  Die Pflanze, auch unter Güldengünsel, Gurgelkraut oder Wiesengünsel bekannt,  gehört zu der Familie der Lippenblütler.  Sie ist eine ausdauernde, krautige Pflanze, die 10- 30 cm groß werden kann. Der Kriechende Günsel hat ein kräftiges Rhizom mit langen Ausläufern, die sich an den Knoten bewurzeln. Die  vierkantigen Stängel stehen aufrecht und sind am unteren Ende oft rot oder violett überlaufen. In der oberen Region sind sie behaart. In einer grundständigen Rosette stehen sich die eiförmig, oberseits glänzenden Laubblätter  gegenständig gegenüber. Die Blütezeit erstreckt sich von April bis Juni. Die Blüten sind meist blau und weisen helle Streifen auf. Selten sind rosafarbene oder weiße Blüten anzutreffen.  Ameisen verbreiten die Samen, die in Klausen gebildet werden.

Der Günsel liebt frischen, nährstoffreichen, neutralen bis mäßig sauren humosen Lehmboden. Zu finden ist er vorwiegend in Laubwäldern, an Waldrändern, unter Hecken oder in Gärten. Oft erobern sich die Pflanzen einen großen Lebensraum und bilden einen Blätterteppich. So wird der Kriechende Günsel gern als Bodendecker unter lichten Sträuchern und Bäumen  genutzt. Varianten, die metallisch glänzendes, dunkelrotes Laub zeigen, sind beliebte Zierpflanzen.

Seit alter Zeit hat der Kriechende Günsel  Bedeutung als Heilpflanze. Nach alten Quellen soll er vor Sonnenaufgang bei Neumond von Ende Mai bis Juni geerntet werden. Als Droge dienen die jungen Triebe der gesamten Pflanze.

An Inhaltsstoffen konnten Gerbstoffe, Saponine und Glykoside nachgewiesen werden. Die Anwendung der Pflanze erfolgt innerlich oder äußerlich. Sie wirkt beruhigend, antibakteriell, harntreibend, schmerzlindernd, hilft gegen Sodbrennen sowie bei Entzündungen im Mund und Rachenraum und gegen Durchfall. Eine äußerliche Anwendung lindert Haut- und Schleimhautentzündungen, Ekzeme und bringt Erleichterung bei Hämorrhoiden. Die Anwendung erfolgt als Tee oder Tinktur.

Für einen Tee werden 2- 3 Esslöffel Droge mit einer Tasse kochendem Wasser übergossen, der etwa 10 min. ziehen soll. Täglich sollten 1- 3 Tassen dieses Tees getrunken werden. Nach etwa 6 Wochen Daueranwendung ist eine Pause einzulegen, damit evtl. unerwünschte  Langzeitwirkungen verhindert werden und die Wirkung erhalten bleibt.

Durch das Übergießen der Pflanzenteile mit Weingeist oder Doppelkorn wird eine Tinktur erhalten. 2- 6 Wochen sollten die Pflanzenteile in einem geschlossen Glas verbleiben. Danach können 3x täglich 10- 50 Tropfen pur oder mit Wasser verdünnt eingenommen werden.

In der Homöopathie wird die gesamte Pflanze, die zu Beginn der Blüte geerntet wird, bei Stoffwechselerkrankungen eingesetzt..

Auch in der Küche findet der Kriechende Günsel Verwendung.  Die jungen Blätter, Knospen und Blüten sind eine gute Würze für Kartoffelgerichte oder werden wie Gemüse zubereitet. Eine optisch interessante essbare Dekoration sind die schönen Blüten. Der Geschmack des Kriechenden Günsel ist durch die Gerbstoffe streng, chicoreeartig und bitter. Von daher sollten in ungekochten Gerichten nur geringe Mengen verwendet werden.

In der Literatur war noch folgende Erklärung für Günsel zu finden, dass … „Gunsel, günsel, auch gunzel, günzel, ein Heilkraut, Ajuga reptans. Aus mittellateinisch, lateinisch consolida, das von consolidare „festmachen“ hergeleitet ist und die dieser Pflanze zusammenschweißende Kraft bezeichnet.“

Dr. Hannelore Pohl

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