Heimische Heilpflanzen: Nelkenwurz

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Eine Pflanzengattung, die wieder verstärkt in der Nähe von Siedlungen heimisch wird, ist die Nelkenwurz (Geum). Neben den Wildformen wie z.B. Geum urbanum oder Geum chiloense sind neue und farbenfrohe Sorten im Handel, die sich als Steingartenpflanzen oder Blickfang im Garten eignen. Alle Geum-Arten sind Rosengewächse, ausdauernd und winterhart, krankheitsresistent und werden von Schnecken verschont. Mit einem Wurzelstock sind sie im Boden verankert und bilden zunächst kurzgestielte, grundständige Rosetten. Die Blätter sind dreizählig, gefiedert und grob gesägt. Die Farbe der Blüten variiert von rot bis gelb und erstreckt sich von Mai bis Oktober. Die Früchte sind länglich behaarte und etwas gekrümmte Nüsse, an deren Spitze sich ein Haken befindet.

Nelkenwurz, vor allem die Echte Nelkenwurz (Geum urbanum), ist eine alte Heilpflanze. Schon Hildegard von Bingen und Paracelsus nutzten sie. Der Kräuterpfarrer Johann Künzle nannte sie Aller Welt Heil, da die Pflanze alles austreiben könne, aus Auge, Nase, Zähnen, Gehirn und vom Herzen. Alles Leiden werde geheilt, das Herz wundersam gestärkt und die Pflanze mache einen frohen Mut.

Verantwortliche Inhaltsstoffe sind vorwiegend Gerbstoffe und Säuren in den Blättern sowie ätherisches Öl (Eugenol), Gerbstoffe, das Glykosid Gein und Bitterstoffe in den Wurzeln. Den Wurzeln entströmt ein nelkenartiger Geruch, daher auch der Name Nelkenwurz.

In der Volksmedizin wird die Droge (Blätter und Wurzeln) als Tee, zubereitet als Aufguss oder Abkochung (Wurzel) angewendet. Bei Verdauungsstörungen, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen, Zahnfleischerkrankungen und Halsentzündungen wird der Tee innerlich oder zum Gurgeln und Spülen eingesetzt. Als Badezusatz bei Frostbeulen, Hämorrhoiden und Hautausschlägen hat er sich ebenfalls bewährt.

Alkohol löst verschiedene Inhaltsstoffe aus den Drogen. So wurden oft Kräuterweine oder alkoholische Auszüge hergestellt. Ein Nelkenwurzwein soll die Verdauungsorgane stärken und tonisierend bei Rekonvaleszenten wirken. Nelkenwurztinktur wird in kleinen Mengen anstelle von Tee bevorzugt, da dieser nicht sehr angenehm schmeckt. Das Kauen der Wurzel hilft gegen Mundgeruch und bei Zahnfleischentzündungen. Früher wurde die Droge als Ersatz für Gewürznelken in der Küche, der Likörindustrie und in der Kosmetik eingesetzt.

In der Küche kann die frische Pflanze verwendet werden. Die jungen Blätter sind eine Zutat für verschiedene Salate, Gemüsefüllungen oder für Pesto. Blüten und Blütenknospen können gegart oder als essbare Dekoration über Salate gestreut werden. Ältere Blätter oder Wurzeln sind eine ideale Würze für Kräutersalze, Biere, Limonaden oder Spirituosen.

In der Naturheilkunde wird die Nelkenwurz heute gern zur Ausleitung von Giftstoffen und Schwermetallen eingesetzt. Auch soll sie stimmungsaufhellende Wirkung bei Depressionen zeigen, wenn diese auf Leberschäden zurückgehen, die von Umweltgiften herrühren.

Der Ethnobotaniker und Kulturanthropologe Dr. Wolf-Dieter Storl schreibt: „Seit einigen Jahrzehnten wächst in mitteleuropäischen Staaten immer mehr Echte Nelkenwurz. Warum wohl? Mutter Natur hat der Pflanze den Marschbefehl gegeben, weil die Menschen sie brauchen. Noch nie gab es so viele Chemikalien und Schadstoffe in den Nahrungsmitteln, der Luft und dem Wasser. Die Nelkenwurz regt die Leber an und wirkt entgiftend.“

Auch mystische Wirkung wurde der Pflanze nachgesagt. So soll sie als Amulett um den Hals getragen, als Aphrodisiakum wirken und die Manneskraft stärken. Pulverisiert wurde der Wurzel eine antidämonische Wirkung nachgesagt. Als Malefiz-Pulver kam sie zum Schutz gegen böse Geister und Teufel zum Einsatz.

Dr. Hannelore Pohl

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