Stimmrecht in der Mitgliederversammlung

§ Sie fragen – wir antworten

Kann mich meine Ehefrau oder mein (volljähriger) Sohn zur Mitgliederversammlung begleiten? Kann ich ihr oder ihm mein Stimmrecht übertragen?

Die Mitgliedschaft im Kleingärtnerverein (KGV) begründet für das Vereinsmitglied – und nur für dieses (!) – eine Reihe grundlegender Rechte (und Pflichten). Zu diesen gehört insbesondere das Recht auf Teilnahme an der Mitgliederversammlung (MV). Dieses wiederum, verbunden mit dem Recht auf Einladung zur MV, dem Recht auf Verlangen der Erteilung von Auskünften seitens des Vorstandes in der MV, dem Recht auf freie Meinungsäußerung – das  Rederecht – in der MV, dem Vorschlags- und dem Stimmrecht.

Diese Rechte sind alle auf das Ziel ausgerichtet, dass sich jedes Vereinsmitglied mit seiner Teilnahme an der MV aktiv am Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozess zur Realisierung des in der Vereinssatzung bestimmten Zwecks des KGV konstruktiv beteiligt und sich für deren Umsetzung in der täglichen Praxis einsetzt.

MV sind vom Grundsatz her nicht öffentlich! Die Nichtbeachtung dieses Grundsatzes kann zur Nichtigkeit gefasster Beschlüsse führen. Zur Teilnahme an der MV sind daher nur die Mitglieder des Vereins berechtigt. Ist der Ehegatte oder der Sohn auch Mitglied des Vereins, dann hat jeder Einzelne die genannten Mitgliedsrechte.

Personen, so auch die Genannten, die  kein Vereinsmitglied sind, sind nur als Gast zur Teilnahme an der MV berechtigt. Voraussetzung (!) ist, dass sich ihre Berechtigung aus einer Entscheidung des zur Einberufung des MV zuständigen Vereinsorgans, das sind in den KGV des SLK regelmäßig die Vereinsvorstände, ergibt.

Wird ein solches Begehren erst unmittelbar vor oder zu Beginn der MV vorgetragen, dann sollte eine Entscheidung durch die MV getroffen werden! In der Rechtspraxis ist eine teils anerkannte Entscheidungsbefugnis des Versammlungsleiters in solchen Situationen umstritten. Die Gefahr liegt in der erfolgreichen Anfechtbarkeit in der MV gefasster Beschlüsse.

In der Praxis sind (Satzungs-) Regelungen, die die Einladung von Gästen und ihre Rechte (und  Pflichten) in der MV beinhalten, eher selten anzutreffen, aber durchaus positiv zu werten.

Die Berechtigung zur Teilnahme als Gast an der MV schließt nicht automatisch das Rederecht ein. Bezogen auf die gestellten Fragen würde sich eine erlaubte Teilnahme des Ehegatten oder des Sohnes vordergründig auf die Verdeutlichung vorgetragener Ausführungen von Vorstand und Vereinsmitgliedern oder auf Verhaltensempfehlungen gegenüber dem Ehegatten/Vater beschränken.

Es gilt: Die sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Rechte sind nach dem Willen des Gesetzgebers vom Grundsatz her nicht übertragbar, nicht vererblich und können anderen nicht überlassen werden (siehe § 38 BGB)!

Daraus folgt auch: Ein Recht, sich als Gast an Abstimmungen der MV zu beteiligen, ist zu verneinen. Auch eine erteilte Vollmacht seitens des Vereinsmitgliedes führt für den Bevollmächtigten nicht automatisch zur Berechtigung der Teilnahme an der MV und zu einem Stimmrecht. Insofern sind dem Bevollmächtigten im Unterschied zu anderen Lebensbereichen in seinem Handeln von vorn herein Grenzen gesetzt.

Voraussetzung, wozu der Verein nach 40 BGB (Nachgiebige Vorschriften) gesetzlich berechtigt ist, wäre, dass er in seiner Vereinssatzung ausdrücklich die Ausübung des Stimmrechts einen durch ein Vereinsmitglied Bevollmächtigten (Stimmrechtsübertragungen) vorsieht und gestattet.

Die Mitgliedsvereine des SLK haben mit ihrer Regelung in § 20 Absatz 1 der Mustersatzung eine klare und verbindliche Regelung getroffen: „Das Stimmrecht ist nicht übertragbar“.

Dr. jur. habil. Wolfgang Rößger

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