Was tun, wenn´s mit dem Nachbarn nicht klappt?

§ Sie fragen – wir antworten

Grenzen Wohngrundstücke an die Kleingartenanlage, dann bleiben oft Reibereien und Streitigkeiten zwischen den Eigentümern/Nutzern dieser Grundstücke und angrenzender Kleingartenpächter nicht aus. Welche Bedeutung hat in diesen Fällen das Sächsische Nachbarrecht und welche Verantwortung ergibt sich für den Vorstand?

Konfliktstoff ist immer gegeben. Sei es der an der Grundstücksgrenze zu nah gelegene Komposthaufen der einen Partei, Musik oder Grillgeruch, der den anderen stört, der Zustand der Grenzmarkierung bzw. Einfriedung, der Pflegezustand der Hecke, herüberhängende Äste, das Hundegebell usw. Teils fehlt es auch an einem gewissen Maß an Toleranz.

In Ausnahmefällen kommt es auch zu schwerwiegenden Verletzungen geschützter Rechte des anderen Grundstückseigentümer, wie der Veränderung der Grundstücksgrenze.

Bei Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist zu beachten, dass der Kleingartenpächter, dessen Kleingarten sich an der Grenze zu dem privaten Grundstück befindet, nicht der Nachbar des Eigentümers/Nutzers des angrenzenden Grundstücks im Sinne § 1 Sächsisches Nachbarrechtsgesetz (SächsNRG) ist. Nachbar im rechtlichen – und nicht im umgangssprachlichen – Sinne ist der Grundstückseigentümer, dessen Grund und Boden zur kleingärtnerischen Nutzung an den SLK und durch diesen an den KGV verpachtet wurde.

Der SLK als Generalpächter und der KGV als Betreiber der Kleingartenanlage nehmen die Rechte des Grundstückseigentümers war, die sich für sie aus dem Pachtvertrag ergeben.

Ergeben sich die Verhaltensanforderungen für den Kleingartenpächter – so auch das Verhalten gegenüber den an die Kleingartenanlage (KGA) grenzenden Eigentümern/Nutzern unmittelbar aus Kleingartenpachtvertrag und aktueller Kleingartenordnung, haben sie für den angrenzenden Grundstückseigentümer ihre Rechtsquelle vor allem im SächsNRG und im BGB (§§ 903 ff.).

Der SLK und die KGV sind bei der Gestaltung ihrer vereinsrechtlichen Führungsdokumente, ihrer Pachtverträge und ihrer KGO gehalten, im SächsNRG, im BGB und anderen für die Gestaltung der Nachbarschaftsbeziehungen wichtigen Rechtsvorschriften, wie bspw. der Sächsischen Bauordnung (SächsBO), enthaltenen Grundsätze konsequent umzusetzen, so dass Konflikten vorgebeugt wird.

Jedem Kleingartenpächter, dessen Garten an ein fremdes Grundstück grenzt, muss klar sein, dass er mit seinem Fehlverhalten ggf. das friedvolle Miteinander mit dem Nachbarn und u.U. auch den Vereinsfrieden und den Frieden in der Kleingärtnergemeinschaft rechtlich relevant stört.

Das tragende Sozial- und Rechtsprinzip im Verhalten der Nachbarn zueinander ist das Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme. Daher heißt es unter 2.2.1 der Kleingartenordnung (KGO): „Der Kleingartenpächter ist zu einem rücksichtsvollen … Verhalten verpflichtet. Er darf die Nutzer anderer Kleingärten und an die KGA angrenzenden Grundstücke nicht durch unnötigem Lärm, Geräusche, Gase, Dämpfe, Gerüche, Anwendung von Pflanzenschutzmitteln u.a. belästigen.“

Einerseits liegt es in der Verantwortung der Vorstände immer dann, wenn die kleingärtnerische Nutzung der Kleingartenpächter durch das Verhalten der an die KGA angrenzenden Grund-stückseigentümer/Nutzer beeinträchtigt wird, sich für deren berechtigte Interessen einzusetzen. Andererseits sollte der Vorstand bei Bekanntwerden von Konflikten, die vom Pächter ausgehen, mit gleicher Nachhaltigkeit für die (außergerichtliche) Konfliktlösung einsetzen wie bei Streitigkeiten zwischen benachbarten Kleingartenpächtern.

Insofern ist auch zu beachten, dass der Kleingartenpächter mit Abschluss des Kleingarten-pachtvertrages Rechte eines Besitzers i.S.v. § 854 BGB erwirbt und einen rechtlichen Anspruch auf Beseitigung der Besitzstörung nach § 862 BGB hat.

Natürlich steht es dem Kleingartenpächter frei, im Falle von Beleidigungen, Bedrohungen seiner Person, Körperverletzungen usw. mit rechtsstaatlichen Mitteln gegen den Eigentümer/Nutzer des benachbarten Grundstücks vorzugehen, doch sollte diesem Schritt immer eine Rücksprache mit dem Vorstand des KGV vorausgehen. Das sollte auch dann Praxis sein, wenn eingangs genannte Konfliktsituationen vorliegen.

Möglicherweise sind zugleich Vereinsinteressen, wie rechtswidrige Eigenmächtigkeiten des Nachbarn, der tatsächliche Ausgangspunkt des Konflikts.

Den Vorständen ist unbedingt nahezulegen, dass vor jedem rechtlichen Schritt gegen den an die KGA angrenzenden Eigentümer/Nutzer (hier:-eines Wohngrundstückes) Rücksprache und Abstimmung über das Vorgehen mit dem geschäftsführenden Vorstand des SLK erfolgen sollte, weil im Einzelfall Interessen des Bodeneigentümers verletzt sein können und über das weitere Vorgehen eine Abstimmung notwendig ist.

Dr. jur. habil. Wolfgang Rößger

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