Aus der Vogelwelt: Eulen (4): Waldohreule, Zwergohreule

Bild von Gabriela Fink auf Pixabay
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Machen wir uns schlau über die Waldohreule (Asio otus), dem kleineren Abbild des Uhus. Mit einer Länge von 35 bis 37 cm und einer Spannweite von 84 bis 95 cm ist die Waldohreule etwa so groß wie die Schleiereule. Männchen und Weibchen sind äußerlich kaum zu unterscheiden. Das Weibchen wiegt mit durchschnittlich 300 g etwa 50 g mehr als das Männchen. Besondere Merkmale der Waldohreule sind die orangegelben Augen und die langen Federohren, die jedoch im Flug und im Ruhezustand ganz angelegt werden können. Entgegen der landläufigen Meinung haben die auffälligen Ohrpinsel, denen die Waldohreule ihren Namen verdankt, nichts mit dem Gehör zu tun, sondern sind reines „Schmuckwerk“. Mit den echten Ohren seitlich am Kopf hört sie selbst das leiseste Quieken einer weit entfernten Wühlmaus. Zur Verstärkung der Hörleistung dient vielmehr der bei der Waldohreule auffällige Gesichtsschleier.

Zum Jagen ist sie auf offenes Gelände angewiesen, braucht zum Ruhen und zur Brut aber Hecken, Baumgruppen und Feldgehölze. Gern besiedelt sie Waldränder; in geschlossenen Waldbeständen dagegen ist sie kaum anzutreffen. Während des Winters finden sich oft in städtischen Parks größere Ansammlungen von Waldohreulen in Schlafgemeinschaften von bis zu 30 Tieren. Ihre Ruheplätze sind oft unweit von Häusern in Baumgruppen von Parks oder Friedhöfen. Die Bildung sogenannter Waldohreulen-Wintergesellschaften dauert ungefähr von November bis März. Die dämmerungs- und nachtaktiven Eulen sitzen tagsüber aufrecht und in schlanker Gestalt auf Ästen von Bäumen, oft dicht an den Stamm geschmiegt. Sie vertrauen dabei auf ihr tarnfarbenes Gefieder. Die Waldohreule nutzt bevorzugt verlassene Nester von Greifvögeln und Krähen als Nistmulde. Sie baut also keine eigenen Nester.

Der Brutbeginn der Waldohreule liegt normalerweise zwischen Ende März und Mitte April. Das Weibchen brütet bereits ab dem ersten Ei und legt mit einem durchschnittlichen Legeabstand von zwei Tagen im Schnitt 4 bis 6 Eier. Ist aufgrund eines Mäusejahres das Beuteangebot sehr reichlich vorhanden, kann das Gelege ausnahmsweise auch bis zu 8 Eier umfassen. Die Eier sind reinweiß und haben eine rundliche Form. Das Weibchen brütet allein. Während dieser Zeit wird es vom Männchen mit Nahrung versorgt. Schon nach drei Wochen sieht man die kleinen Eulen wie Waldgeister in den Ästen sitzen. Sie scheinen zum Betteln geboren, rufen sie doch die ganze Nacht. Die Jungeulen beginnen schon in der fünften Woche zu fliegen. Sie lernen schnell, Beute zu machen. Alles, was sich bewegt, wird durch koboldhafte Kopfbewegungen fixiert und auf Beutetauglichkeit untersucht. Sie können sich in der Regel im Alter von 12 Wochen selbständig ernähren.

Waldohreulen ernähren sich überwiegend von Wühl- und Feldmäusen. Der Anteil der Feldmäuse kann dabei bis zu 80 % betragen. Rund 100 der kleinen Nagetiere verzehrt eine einzige Waldohreule im Monat, wobei nicht berücksichtigt ist, dass sie auch ihre Jungen fast ausschließlich mit Mäusen großzieht. Hin und wieder gehören auch Insekten, Regenwürmern und schlafende Vögel zur Nahrung. Am häufigsten erbeutet werden dabei Sperlinge und Grünfinken. Dieses kann man gut anhand des Waldohreulen-Gewölles erkennen, indem man es zerlegt.

Zu ihren Besonderheiten gehören das lautlose Fliegen und die Eulen können ihren Kopf ca. 270 Grad drehen. Sie können in der Dunkelheit sehr gut sehen. Das Gehör der Waldohreulen ist besonders gut ausgeprägt. Sie orten ihre Nahrung (Winter) unter Schnee und Laub zielgenau.

Aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit an lokale Wald- und Beutetierverhältnisse gilt die Waldohreule allgemein nicht als bedroht. Sie ist nahezu in ganz Europa vorwiegend als Standvogel zu finden.

Neben dem Waldkauz ist die Waldohreule eine bei uns häufige Eulenart. In den östlichen Bundesländern wurde ihr Bestand um 1990 auf ca. 14.000 Brutpaare geschätzt. Während 2007 für Sachsen 1.200 bis 2.000 Brutpaare in der Literatur angeführt werden.

Wenn man eine der größten Eulen – den Uhu, eine Eule der Mittelgröße – die Waldohreule, und eine Zwergohreule (Otus scops) nebeneinander setzen würde, wäre man überrascht, wie ähnlich sie einander in Färbung und Gestalt sind. Der Uhu misst mehr als 60 cm, die Zwergohreule nur 19 cm. Und dennoch gehören diese einander so sehr ähnlichen Eulen verschiedenen Gattungen an (die Gattung Otus umfasst weltweit 42 Arten, die Gattung Bubo 21 Arten).

Den Titel der kleinsten Eulenart trägt zwar nach wie vor der Sperlingskauz, aber direkt nach ihm reiht sich die Zwergohreule ein. Man kann sie sich etwa so groß wie eine Amsel vorstellen. Allerdings ergibt sich hier bereits eine Besonderheit. Denn die Zwergohreule kann ihre großen fedrigen Ohren sehr wirksam einsetzen. Legt sie sie flach an den Kopf, wirkt sie eher klein und gedrungen. Stellt sie die Ohren allerdings auf, ist ihre Erscheinung gleich viel imposanter und sie wirkt größer und bei Bedarf auch bedrohlicher.

Die Zwergohreule kommt in Mitteleuropa nur als seltener Gast vor, in der Regel horstet sie in den wärmeren Gebieten Südeuropas, Nordafrikas und Kleinasiens. Sie bevorzugt warme, trockene und ziemlich offene Landschaften mit altem, höhlenreichen Baumbestand und bewohnt gerne kultiviertes Gelände wie Obstgärten, Parkanlagen und Alleen aber auch Feldgehölze und die Randzonen lichter Laubwälder. Geschlossene Wälder meidet sie.

In den Mittelmeerländern, wo sie ihren Verbreitungsschwerpunkt hat, brütet sie auch in Dörfern und Städten, also auch in direkter Nachbarschaft zum Menschen. In Deutschland gibt es in jedem Jahr Brutzeitbeobachtungen (vor allem in Bayern), aber kaum Brutnachweise. So stammt der erste Brutnachweis aus Hessen aus dem Jahr 2007. Hier brüteten die Zwergohreulen in einer Platane am Siedlungsrand eines Ortes in der Wetterau.

Die Zwergohreule ernährt sich überwiegend von größeren Insekten wie Heuschrecken, Grillen, Zikaden und Käfern, die auf dem Boden aber auch auf den Zweigen und Blättern von Bäumen und Sträuchern erbeutet werden. An Straßenlaternen jagt sie gelegentlich im Flug nach Nachtfaltern. Es werden auch Regenwürmer, Spinnen und Asseln und nur sehr selten auch Kleinsäuger und Kleinvögel erbeutet. Die Zwergohreule gilt als eine der Arten, die vom Klimawandel profitieren wird und ihr Brutareal in nördlicher Richtung ausweitet.

Klaus Rost

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