Der Waldkauz (Strix aluco) ist die häufigste der europäischen Eulen. Überall im Bergland sowie in der Ebene bewohnt er Parkanlagen, Haine, Gärten, Nadel- und Laubwälder und hält sich mitunter auch in Ortschaften auf. Er ist, mit Ausnahme der nördlichen Gebiete, in fast ganz Europa sowie in Nordwestafrika und in einigen Gegenden Asiens verbreitet.
Der Waldkauz ist an seinem großen runden Kopf und seinen schwarzen Augen zu erkennen. Alle anderen Eulen, mit Ausnahme des Habichtskauzes und der durch den herzförmigen Schleier unverwechselbaren Schleiereule, haben eine gelbe oder orangefarbene Iris.
Der Waldkauz kommt in zwei Spielarten vor. Bei der einen überwiegt Braun, bei der anderen Grau. Es ist interessant, dass auch Junge aus einem Gelege unterschiedlich gefärbt sein können. Das einfache grauweise oder braunweiße, rindenartige Federkleid gewährleistet eine ausgezeichnete Tarnung in den Zweigen der Bäume, wo der Waldkauz tagsüber ruht.
Die beiden Geschlechter sind gleich gefärbt, dabei ist das Weibchen etwas größer als das Männchen. Die Füße sind bis an das nackt bleibende Ende der Zehen befiedert. Mit seinen 40 cm ist der Waldkauz etwas größer als die Waldohreule, aber mit seinem Gewicht bis zu 600 g fast doppelt so schwer. Auch fehlen ihm die Federohren.
Der Bestand des Waldkauzes in Deutschland beträgt laut dem Atlas deutscher Brutvogelarten 43.000 bis 75.000 Brutpaare und wird langfristig als stabil eingeschätzt. Seine Heimat verlässt er auch im strengsten Winter nicht. In milden Wintern nistet er bereits im Februar, sonst jedoch meistens im April. Sie verpaaren sich auf Lebenszeit und sind grundsätzlich monogame Vögel. Bei Verlust eines Partners bleibt der überlebende Vogel unabhängig vom Geschlecht im Brutrevier und verpaart sich mit einem der richtungslos herumstreichenden Waldkäuze neu.
Das Weibchen legt im Abstand von 2i bis 3 Tagen 3 bis 5 weiße Eier, die es meistens allein in 28 bis 30 Tagen ausbrütet. Das Männchen bringt während dieser Zeit dem Weibchen die Nahrung ans Nest und löst es, wenn auch selten, beim Brüten ab. Da das Weibchen mit dem Brüten bereits nach Ablage des ersten Eies beginnt, schlüpfen auch die Jungen nicht gleichzeitig. In den ersten 10 Tagen nach dem Ausschlüpfen der ersten Jungen verlässt das Weibchen das Nest überhaupt nicht. Das Männchen versorgt die ganze Familie vor allem mit kleinen Säugetieren, aber auch mit anderen Wirbeltieren wie Fledermäusen, Lurchen, Amphibien und mit Insekten. Später jagt auch das Weibchen, das sich tagsüber in der Nähe des Nestes aufhält und die Jungen bewacht. Manchmal füttert es die Jungen auch am Tag mit der nachts gejagten Beute. Beim Atzen (Füttern) wird die Nahrung in kleine Stücke gerissen, und diese werden den Jungen zugereicht. Dabei sind die Augen geschlossen und die Orientierung erfolgt ausschließlich nach den Taststoppeln an der Schnabelwurzel.
Das gleiche Verhalten beim Kröpfen der Beute kann auch bei erwachsenen Eulen beobachtet werden. Sie schließen die Augen und beginnen, die in den Zehen gehaltene Beute mit dem Schnabel sowie mit dem Bart abzutasten und dann erst, vom Kopf an, zu kröpfen. Der Grund dafür ist wohl in der Tatsache zu suchen, dass sie als weitsichtige Vögel die Sehschärfe nicht auf so kurze Entfernungen einstellen können.
Das Gewölle des Waldkauzes ist 4 bis 6 cm lang und 2 bis 3 cm dick, grau gefärbt und hat eine recht unregelmäßige Form. Es verrät, dass die Nahrung zu etwa 70% aus Nagetieren besteht, während auf Vögel 14%, auf Amphibien 11% und auf Insekten etwa 5% entfallen. Die tägliche Nahrungsmenge entspricht dem Gewicht von 3 Wühlmäusen. In manchen Jahren bilden je nach Aufkommen Wühlmäuse und Mäuse mehr als 90% der Beute des Waldkauzes. Unter den Vögeln als Nahrung befinden sich Sperlinge, Star, Grünfink, Goldammer, Buchfink, Amsel, Wacholderdrossel, häufige Meisenarten, aber auch Rauchschwalbe, Mehlschwalbe und Mauersegler. Das Gewicht der Beutetiere kann bis 350 g betragen.
Nach 28 bis 36 Tagen verlassen die Jungen das Nest, halten sich aber noch in seiner Umgebung auf und werden von den Altvögeln gefüttert. Im Alter von etwa 50 Tagen unternehmen die jungen Waldkäuze ihren ersten Flug. 3 bis 4 Monate werden die Jungen von den Eltern betreut und mit Nahrung versorgt, bevor sie im August selbstständig sind, abwandern und sich in einem Umkreis von zumeist nicht mehr als 50 km ansiedeln. Die Verluste der Jungvögel sind hoch. 50 % überleben nicht das erste Jahr. In späteren Lebensjahren liegt die Sterberate bei 25 %. Es kommt zu hohen Verlusten vor allem an Mittelspannungsfreileitungen sowie im Bahn- und Straßenverkehr.
Viele Waldkäuze stürzen in Kamine oder Lüftungsschächte und können nicht mehr hinausklettern. Als natürliche Feinde kommen Marder, Bussard und Habicht in Betracht. Der älteste mitteleuropäische Waldkauz wurde 18 Jahre und 7 Monate alt (Vogelwarte Sempach), ein Gefangenschaftsvogel wurde 27 Jahre und 4 Monate alt. Alle Eulen wie auch der Waldkauz stehen unter besonderen Schutz.
Mit 62 bis 69 cm Größe und einer Spannweite von 140 bis 150 cm ist der Bartkauz (Strix nebulosa) fast so groß wie der Uhu, jedoch nur halb so schwer. Das Weibchen ist mit durchschnittlich 1200 g schwerer und auch deutlich größer als das Männchen (900 g). Der Bartkauz hat einen großen runden Kopf ohne Federohren mit einem sehr ausgeprägten Gesichtsschleier mit feinen konzentrischen Ringen. Zwischen den relativ kleinen gelben Augen befindet sich ein weißes X, das durch eine schwarze Linie geteilt ist.
Der schwarze Kehlfleck unterhalb des Schnabels gab dem Bartkauz seinen Namen. Er benötigt dichte Misch- oder Nadelwälder mit angrenzenden offenen Flächen wie Kahlflächen, Moore oder Lichtungen für die Beutejagd. Er siedelt in Skandinavien, Nordosteuropa und Russland. In Mitteleuropa kommt er nicht vor.
Von niedrigen Warten auf offenen Flächen hält er Ausschau nach Wühlmäusen, Lemmingen oder Eichhörnchen, seiner Hauptnahrung. Gelegentlich erbeutet er auch Schneehasen oder Vögel bis zur Größe eines Schneehuhns. Bricht die Wühlmauspopulation zusammen, ziehen Bartkäuze oft invasionsartig südwärts, selten jedoch weiter als einige hundert Kilometer.
Seine Beute kann der Bartkauz sowohl mit dem Gesichtssinn als auch mit dem Gehör lokalisieren. Selbst unter einer 20 cm dicken Schneedecke kann er Mäuse wahrnehmen und sie fangen. Bartkäuze sind vorwiegend in der Dämmerung aktiv, im Winter auch in den Vormittagsstunden und am späten Nachmittag. Zur Zeit der Jungenaufzucht dehnen sie ihre Jagd über den ganzen Tag aus.
Klaus Rost