Aus der Vogelwelt: Kolkrabe

Bild von Alexas_Fotos auf Pixabay
Bild von Alexas_Fotos auf Pixabay

Die Familie der Singvögel reicht vom etwa 9 Zentimeter langen und zwischen 4 und 6,5 Gramm schweren Winter-/Sommergoldhähnchen, als kleinster heimischer Vogel, bis zum Kolkraben mit einer Körperlänge von 54 bis 67 cm und einer Flügelspannweite von 115 bis 130 cm und einem Gewicht zwischen 1.080 und 1.370 Gramm.

Ja, Sie haben richtig gelesen. Wer den Raben zuhört, wird es seltsam finden, dass die Zoologen ihn zu den Singvögeln zählen.

Diese Zuordnung im System bezieht sich auf die besondere Anatomie des Stimmapparates, die Raben mit anderen Singvögeln gemein haben, als auf ihr sängerisches Talent. Kolkraben sind nicht nur mit Abstand die größten Rabenvögel, sie sind auch – systematisch gesehen – die größten Singvögel.

Heute möchte ich Sie mit dem größten Singvogel unserer Heimat, dem Kolkraben (Corvus corax) vertraut machen. Er ist im Auwald genauso als Brutvogel zu Hause, wie u.a. im ehemaligen Krankenhauspark Dösen oder dem Zschocherschen Winkel.

Als Konkurrent des Jägers wurde er jedoch jahrzehntelang verfolgt. So wurden z.B. allein in den Forsten des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin von 1834 bis 1875 10.440 Kolkraben geschossen. Vor etwa 140 Jahren wurde das letzte Paar brütend am Petersberg bei Halle gesichtet. Etwas länger hielten sich die Kolkraben in der nördlichen Oberlausitz. Hier war die Art „ehemals für die großen, urwüchsigen Kiefernheiden eine charakteristische Erscheinung”. Mit der Lichtung der alten Waldbestände verschwanden auch hier die Kolkraben als Brutvogel. Der letzte Nachweis erlosch 1870 bei Weißkolm.

Durch menschliche Verfolgung waren Kolkraben bis 1940 in weiten Teilen Mitteleuropas ausgestorben. Im Naturschutzgesetz der DDR aus dem Jahr 1954 stand der Kolkrabe neben Schwarzstorch, Höckerschwan, Uhu, Großtrappe, Kranich und allen Adlerarten auf der Liste der vom Aussterben bedrohten Vogelarten. Danach setzte eine Bestandserholung ein, etwa ab 1960 begann die Art dann auch mit der Wiederbesiedlung der Teile Mitteleuropas, in denen sie ausgerottet worden war. Bestandszunahme und Wiederausbreitung halten im westlichen Mitteleuropa bis heute an. In Belgien, den Niederlanden, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und im Böhmerwald wurde die Wiederbesiedlung durch Auswilderungen gefördert.

Zu ersten Bruten in Sachsen kam es wieder in den 1970er Jahren, beginnend in der Dübener und Dahlener Heide. In den folgenden zehn Jahren fand eine Ausbreitung in südliche Richtung statt. Zuletzt wurden die höheren Lagen des Erzgebirges besiedelt. 1982 betrug der Kolkrabenbestand in Sachsen etwa 60 bis 80 und im Jahr 1987 etwa 120 Brutpaare, wobei der nördliche Landesteil deutlich dichter besiedelt war als der südliche. Nach und nach etablierten sich neue Vorkommen und bereits Mitte der 1990er Jahre brüteten landesweit etwa 700 bis 900 Paare. Auch in der Folge nahm der Bestand des Kolkraben weiter zu. Heute gibt es in Sachsen etwa 1.400 bis 1.800 Brutpaare und damit annähernd doppelt soviel wie vor zehn Jahren. Die bis Mitte der 1990er Jahre noch bestehenden Verbreitungslücken sind inzwischen geschlossen worden, derzeit ist der Kolkrabe in Sachsen flächenhaft verbreitet. Auch den Leipziger Raum hat er komplett erobert.

Kolkraben unterliegen in Deutschland dem Jagdrecht (nach § 2 BJagdG), haben hier aber eine ganzjährige Schonzeit. Mit seiner Größe von 60 bis 68 cm und einem Gewicht von rund 1,5 kg und einer Spannweite von 120 bis 150 cm ist es schon eine beachtliche Gestalt. Er ist also genau so groß wie ein Mäusebussard.

Sein Federkleid ist rein schwarz, der Schnabel gewaltig und kräftig. Er ist sehr lang und der Oberschnabel ist gekrümmt. Damit frisst er auch alles, was er erreichen kann. Vögel, junge Hasen und Kaninchen, Eier, Aas, etc. Es wird ihm auch nachgesagt, er soll in Trupps Schaflämmer getötet haben. Dies ist durch Fotos belegt. Er stellt allem nach, was er überwältigen kann.

Im Flug ist er nicht zu übersehen und auch nicht zu verwechseln, sein kreuzförmiges Flugbild und der keilförmige Schwanz machen ihn unverwechselbar. Im Frühjahr, Herbst und Winter ist er oft mit seinen markanten Rufen „krook” zu hören. Sein Balzflug ist beeindruckend. Einem solch großen Vogel traut man diese Eleganz gar nicht zu.

Während der Brutzeit ist er sehr heimlich. Kein Ruf verrät seine Anwesenheit. Kolkraben leben in monogamer Dauerehe, revierbesitzende Paare sind ganzjährig in den Revieren anzutreffen. Die Brutsaison beginnt sehr früh im Jahr (Februar, März), so dass die bis zu sieben Jungvögel pro Nest schon im April/Mai flügge werden. Im Spätsommer lösen sich die Familienverbände gewöhnlich auf und die Jungvögel ziehen in lockeren Nichtbrüterschwärmen umher.

Das Nest wird über Jahre genutzt und ständig erweitert, so dass schon sehr große Nester entstehen, die mit denen von Greifvögeln verwechselt werden können. Dabei wird die Waldrandnähe mit kurzen Wegen von Feldmark zur Horstanlage bevorzugt; die Waldrandlänge ist ein dichtebestimmender Faktor. Mit zunehmender Siedlungsdichte steigt die Bereitschaft, sogar in kleinen Feldgehölzen, Baumreihen und auf Hochspannungsmasten zu brüten.

Auf Kiefern stehen Nester meist im oberen, auf Buchen mehr im unteren oder mittleren Kronenraum und hier vor allem in der zentralen Quirlbildung, wo sich der Stamm in die Hauptäste aufteilt, seltener auf waagrechtem Astfächer und nur ausnahmsweise in tiefen spitzwinkligen Astquirlen, meist 8 bis 25 m hoch.

Auf einem verhältnismäßig flachen Unterbau aus groben Ästen folgt ein Innenbau aus feineren Ästen oder biegsamen Zweigen (z.B. Lärche), darin eingebaut sind Wurzeln, Halme, Moos, Flechten, Grassoden, Erde und Mist, gelegentlich Textilfetzen, Schnüre oder Papierschnitzel. Die tiefe napfförmige Mulde wird schließlich mit Haaren und Fellfetzen von Wild- oder Haustieren (vor allem Schafen), Flechten und anderen feineren Materialien dick ausgepolstert. Am Nestbau sind beide Partner beteiligt, wobei das Weibchen das vom Männchen herbeigeschaffte Material für die Nestmulde durch fortgesetzte Drück- und Strampelbewegungen zu einem mit dem Rohbau innig verflochtenen Filz verarbeitet wird.

Es wird eine Jahresbrut durchgeführt. Die Eier sind kurz- bis langoval, mäßig bis stark zugespitzt, schwach glänzend, grobkörnig. Auf hellgrünem Grund überall reichliche, mittelgroße, in der Form variable grünlichgraue bis dunkel olivbräunliche Flecke. Sie sind am stumpfen Ende größer, dichter und dunkler; dazu kommen undeutliche graue Unterflecke. Die Brutdauer liegt zwischen 18 und 21 Tagen. Die Nestlingszeit beträgt ca. 45 Tage. Wenn die jungen Kolkraben das Nest verlassen haben, werden sie noch ca. 55 Tage mit Nahrung von ihren Eltern versorgt.

Kolkraben können sehr alt, bis 30 Jahre, werden und zählen, wie alle Rabenvögeln, zu den intelligentesten Vögeln.

Klaus Rost

Print Friendly, PDF & Email

Weitere interessante Beiträge

blank

Kaum Eichelhäher in sächsischen Gärten gesichtet

Endergebnis der 13. „Stunde der Wintervögel“ zeigt insgesamt weniger Futterhausbesucher Weniger Vögel am Futterhaus: Das Endergebnis der traditionellen Mitmachaktion von NABU und seinem bayerischen Partner, dem LBV (Landesbund für Vogel-…
blank

Die Waldohreule – Die Mäusejägerin

Die Waldohreule ist nach dem Waldkauz die häufigste Eule Mitteleuropas. Durch ihre unauffälligen Balzaktivitäten wird ihr Bestand manchenorts unterschätzt. Die Waldohreule ist mit 36 cm etwas kleiner und schlanker als…
blank

Fünf Storchenfünflinge in Sachsen geschlüpft

Rettungsaktionen und günstige Witterung sorgen für gutes Storchenjahr 2021 Mit mindestens fünf Fünflingsbruten war das Jahr 2021 eines der erfolgreichsten Storchenjahre seit knapp 30 Jahren. In Stehla im Kreis Nordsachsen…
blank

Wiedehopf ist Vogel des Jahres 2022

Fast 143.000 Menschen haben bei der öffentlichen Wahl von NABU und LBV abgestimmt Der Sieger der zweiten öffentlichen Wahl zum Vogel des Jahres vom NABU und seinem bayerischen Partner LBV…