Aus der Vogelwelt: Sperber

Bild von rubep auf Pixabay

Aufgeregtes Kreischen von Kleinvögeln ist plötzlich aus einem Gebüsch zu hören. Ein etwa taubengroßer brauner Vogel hat sich in einen Busch gestürzt und fliegt jetzt mit schnellen Flügelschlägen und einem Haussperling im Fang nur einige Meter weiter auf einen Baumstumpf. Federn stieben, der Sperber hat mit seiner rasanten Jagd wieder einmal Erfolg gehabt und beginnt gleich damit, seine Beute zu rupfen. Die Aufregung, der mit dem Schrecken davon gekommenen Vögel, dauert noch lange an.

Erbeutet werden vom Sperber immer die Vögel am häufigsten, die es im Lebensraum dieses Greifvogels am zahlreichsten gibt; bei Stadtsperbern sind das Spatzen, Meisen, Finken und Tauben. Im Winter sind solche erfolgversprechenden Aufenthaltsorte vor allem Futterhäuschen, die der Sperber regelrecht kontrolliert. Die Kleinvögel werden im Flug ergriffen oder auch in Bäumen und Sträuchern. Sperber sind fast ausschließlich Vogeljäger, doch können Mäuse bis zu 10 % Anteil an der Nahrung haben. Männchen jagen hauptsächlich Vögel von der Größe eines Zaunkönigs bis zur Größe einer Amsel, Weibchen hauptsächlich Tauben und Elstern. Sperber haben einen Tages-Nahrungsbedarf von etwa 2 – 3 Kleinvögeln.

Noch immer ist es üblich, den Greifvogel als einen Raubvogel zu bezeichnen. Der kleinste Greifvogel in Deutschland, der am Tage auf Jagd geht, ist der Sperber. In der Regel an Waldrändern oder in dichtem Stangengehölz horstend, hat er als Jagdrevier die offene Flur. Im Winter allerdings kommt er bis in die Vorgärten am Stadtrand. Kam er, muss man eigentlich sagen, denn der Bestand an Sperbern hat sich in Deutschland in den letzten 20 Jahren um etwa 60 bis 80 % verringert.

Nicht die Verfolgung durch den Menschen, sondern die durch Chemikalien auf den Feldern vergiftete Nahrung ist für den Sperber, der auch Mäuse jagt, zur größten Bedrohung geworden. In einer Monographie über den Sperber aus dem Jahr 1955 kann man noch lesen: „Der Sperber dürfte in Deutschland neben dem Mäusebussard und dem Turmfalken der häufigste Greifvogel sein.“ Doch das war einmal! In der Leipziger Gegend ist das Brutvorkommen wohl auf das Oberholz und den Auwald beschränkt. Während der Zugzeit und im Winter ist er dagegen öfter zu beobachten. Hier bevorzugt er, wie oben erwähnt, die Futterstellen in unseren Gärten.

Der Sperber ist ein habichtartiger Greifvogel mit kurzen, abgerundeten Flügeln und recht langem Schwanz. Das Weibchen des Sperbers ist deutlich größer als das Männchen. Sperbermännchen wiegen durchschnittlich 140 g. Sie sind damit nur halb so schwer wie die Weibchen mit einem Durchschnittsgewicht von 280 g. Oder in Zentimeter ausgedrückt; ist das Sperber-Weibchen mit seinen 40 cm genauso groß wie eine Ringeltaube und hat eine Flügelspannweite von 75 cm. Das Männchen hingegen ist ein drittel kleiner, also etwa so groß wie eine Türkentaube und die Flügelspannweite beträgt 60 cm.

Durch Beringung konnte nachgewiesen werden, dass Sperber in freier Natur mindestens 20 Jahre alt werden können! Weibchen tragen im Alterskleid oberseits ein graubraunes, Männchen ein schiefergraues Gefieder. Die Unterseite ist beim Weibchen auf weißlichem Grund schwärzlich quergebändert. Beim Männchen fällt die Bänderung mehr oder weniger rötlich aus, so dass manche unterseitig orangerot aussehen. Flügge Jungvögel sind oberseits kastanienbraun, unterseitig weißlich bis beigefarben mit dunkelbraunen Querbändern, die sich im Brustbereich herz- oder tropfenförmig auflösen können. Auffallend ist die gelbe Iris, Sie kann aber bei älteren Weibchen auch gelborange und vor allem bei Männchen bis blutorange gefärbt sein.

Das Sperberweibchen wird oft mit einem Habichtmännchen verwechselt. Um das auszuschließen, sollte man sich auf die Augen konzentrieren. Beim Habicht sind die Augen orange-rot bis gelb, ohne gelben Rand um das Auge. Beim Sperber sind die Augen gelb mit einem gelben Ring herum, dadurch leuchten sie wesentlich mehr.

Mit seinen kurzen, breiten und abgerundeten Flügeln und seinem sehr langen, (zusammengelegt wie gerade abgeschnitten wirkenden) Schwanz besitzt der Sperber eine charakteristische Flugsilhouette. Dieser Körperbau macht ihn zum wendigsten einheimischen Greifvogel.

Als Brutgebiet bevorzugen sie offenes Gelände in dem parkartig Misch- und Nadelwald abwechseln. Der Horst steht bevorzugt in dichten Fichtenstangenhölzern, in denen die Stämme um die 20 bis höchstens 50 Jahre alt sind. Dort liegt der Horst in Stammnähe in etwa 8 – 10 m Höhe. Auf Laubbäumen ist er selten.

Der Sperber baut in der Regel jedes Jahr einen neuen Horst. Er wird aus trockenen, unbelaubten Zweigen gebaut und nicht begrünt. Er ist relativ flach, der Durchmesser beträgt im Mittel etwa 60 cm, die Höhe im Mittel etwa 20 cm. Die Nestmulde wird mit Rindenstücken ausgelegt. Gelegentlich benutzt er auch Nester von Ringeltauben, Krähen und Eichelhähern als Unterlage, worauf er trockene Kiefern- oder Fichtenzweige und dürre Reiser legt und die Mulde mit Fichtennadeln sowie Kiefernrindenstücken auslegt.

Etwa Ende April bis Mitte Mai legt das Sperberweibchen durchschnittlich 5 Eier und bebrütet diese ca. 33 Tage lang. Wie bei vielen Greifvögeln üblich, bleibt es die gesamte Brutzeit über am Horst und beteiligt sich erst wieder an der Jagd, wenn die Jungen mindestens 2 Wochen alt sind. Bis dahin obliegt die Nahrungsbeschaffung für die gesamte Familie nahezu ausschließlich dem Männchen.

Verunglückt in der Brutzeit das Männchen, also z.B. wenn es abgeschossen wird, fehlt die Nachlieferung und die Brut geht zugrunde. Während der Horstzeit mausert das Weibchen das gesamte Gefieder, so kann sie nicht fliegen und den Terzel  (Männchen) ersetzen, um Beute zu bringen. So sterben dann sie und die Jungen. Das Männchen hingegen mausert nach und nach in kleinen Partien. Nach 3 Wochen Horstzeit ist beim Weibchen das Gefieder wieder gewachsen, so dass sie ausfliegen kann, wenn auch die Jungen flügge sind. Verunglückt aber das Weibchen, kann der Terzel die Jungen nicht alleine aufziehen, da er die Beute nur in den Horst wirft, aber nicht zerlegt. Nach 26 – 30 Tagen verlassen die jungen Sperber den Horst, werden in dessen Nähe noch 3-4 Wochen mit Nahrung versorgt und beginnen anschließend, selbständig zu jagen. In dieser Zeit verlassen sie auch das elterliche Revier.

Unter den mitteleuropäischen Sperbern überwintern viele Altvögel in der Nähe ihres Brutreviers. Hier profitieren sie bei ihren winterlichen Jagden von ihrer hervorragenden Ortskenntnis. Die meisten Jungvögel hingegen weichen der kalten Witterung in zumeist südwestlicher Richtung aus und verbringen die Wintermonate z.B. in Frankreich und Spanien. Nordeuropäische Sperber sind dagegen in aller Regel Zugvögel, die vor allem im September / Oktober und März / April Mitteleuropa passieren. Einige von ihnen überwintern auch in unseren Breiten.

Im Ergebnis der Untersuchung der Ursachen für die Bestandsminimierung des Sperbers, wie auch bei anderen Greifvögeln, wurde folgendes nachgewiesen: Da Sperber weit oben in der Nahrungskette stehen, nahmen sie vor allem in den 50er- und 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts, als diverse Umweltgifte (z.B. DDT, PCB, Dieldrin) in der Landwirtschaft ungehemmt zum Einsatz kamen, über den Verzehr damit belasteter Beutetiere große Mengen dieser Gifte auf. Dies führte u. a. dazu, dass die Eischalen dünner wurden und beim Bebrüten leicht zerbrachen. In dieser Zeit schrumpften die Sperberpopulationen in manchen Regionen um bis zu 90 % zusammen! Seit dem Verbot dieser Mittel in den 70er-Jahren konnten sich die Bestände wieder etwas erholen.

Um unsere Natur und ihre Lebewesen zu schützen ist es notwendig, so sparsam wie möglich mit chemischen Mitteln umzugehen. Auch in unseren Kleingärten!

Klaus Rost

Print Friendly, PDF & Email

Weitere interessante Beiträge

blank

Kaum Eichelhäher in sächsischen Gärten gesichtet

Endergebnis der 13. „Stunde der Wintervögel“ zeigt insgesamt weniger Futterhausbesucher Weniger Vögel am Futterhaus: Das Endergebnis der traditionellen Mitmachaktion von NABU und seinem bayerischen Partner, dem LBV (Landesbund für Vogel-…
blank

Die Waldohreule – Die Mäusejägerin

Die Waldohreule ist nach dem Waldkauz die häufigste Eule Mitteleuropas. Durch ihre unauffälligen Balzaktivitäten wird ihr Bestand manchenorts unterschätzt. Die Waldohreule ist mit 36 cm etwas kleiner und schlanker als…
blank

Fünf Storchenfünflinge in Sachsen geschlüpft

Rettungsaktionen und günstige Witterung sorgen für gutes Storchenjahr 2021 Mit mindestens fünf Fünflingsbruten war das Jahr 2021 eines der erfolgreichsten Storchenjahre seit knapp 30 Jahren. In Stehla im Kreis Nordsachsen…
blank

Wiedehopf ist Vogel des Jahres 2022

Fast 143.000 Menschen haben bei der öffentlichen Wahl von NABU und LBV abgestimmt Der Sieger der zweiten öffentlichen Wahl zum Vogel des Jahres vom NABU und seinem bayerischen Partner LBV…