Aus der Vogelwelt: Uferschwalbe und Bienenfresser

Bienenfresser - Bild von Gavin Tutt auf Pixabay

Im September wird die Hauptzugzeit eingeläutet, in der uns die Mehrheit der Zugvögel verlässt. Der Abzug vollzieht sich nicht so auffällig wie die Ankunft im Frühjahr, denn Zugvögel melden sich nicht ab. Sie sind einfach verschwunden und das wird dem Beobachter erst viel später bewusst. Zurück bleiben höchstens einige Nachzügler, deren Junge einer Spätbrut noch nicht kräftig genug für die große Reise sind. Vielleicht handelt es sich auch um Vögel, die durch günstige Verhält­nisse in ihrem Lebensraum zur Überwinterung angeregt werden. Im letzten Winter waren es Ringeltauben, die verstärkt bei uns überwinterten. Eigentlich ziehen sächsische Ringeltauben, als Kurzstreckenzieher, an die Atlantikküste, um dort den Winter zu verbringen. Auch Rotmilane konnten fast ganzjährig, wenn auch nicht so häufig, beobachtet werden. Selbst ein Hausrotschwanz ging Mitte Januar bei Markranstädt einem Vogelberinger ins Netz.

Während in der vorangegangenen Ausgabe vom „Leipziger Gartenfreund” die Rauch- und Mehlschwalbe vorgestellt wurden, die als Kultur- und Siedlungsfolger den meisten Gartenfreunden, zumindest dem Namen nach, bekannt sind, soll heute die nicht so häufig vorkommende und nicht so bekannte Uferschwalbe dargestellt werden. Bei der Uferschwalbe handelt es sich um die kleinste Schwalbenart in Europa mit einer Länge von 13 cm. Sie hat einen nur leicht gegabelten kleinen Schwanz, einen verhältnismäßig langen, flachen Schnabel und zarte unbefiederte Zehen. Die Oberseite ist erdbraun, die Unterseite weiß mit graubraunem Brustband.

Uferschwalben besiedeln zur Brutzeit Flussufer, Küsten sowie – als Ersatzlebensräume in der Kulturlandschaft – Lehm- und Kiesgruben. Sie benötigen lehmige oder festsandige Steilufer und Abbruchkanten zur Anlage ihrer Brutröhren. Die Uferschwalbe ist ein Koloniebrüter. Beide Partner graben ihre Brutröhre mit Schnabel und Krallen armtief in steile Wände. Die etwas aufsteigenden Löcher im festen Erdreich werden am hinteren Ende erweitert und mit Halmen und Federn ausgepolstert. Ein- bis zweimal im Jahr wird ein Gelege von fünf bis sechs Eiern von beiden Eltern 14 bis 16 Tage lang ausgebrütet. Die Jungen werden ebenfalls von beiden Eltern gefüttert und verlassen die Bruthöhle nach 18 bis 23 Tagen. Die Jungvögel bilden nach dem Verlassen der Altvögel große Schlafplätze, bevorzugt im Schilf oder Weidendickicht. Wie die beiden anderen Schwalbenarten ernährt sich die Uferschwalbe von fliegenden Kleininsekten und fängt die diese im Flug, oft über dem Wasser. Mitunter sucht die Uferschwalbe auf dem nackten Boden nach Nahrung. Die Jungvögel werden mit Mücken und Stechmücken sowie anderen Kleininsekten, manchmal auch schon mit Libellen, gefüttert. Die Gefährdung des Bestandes an Uferschwalben ergibt sich aus der Kurzlebigkeit der Brutplätze. Denn in vielen Gruben findet während der Brutzeit ein Abbau statt, der das Brutgeschäft empfindlich stört oder Kolonieteile vernichtet.

Die Uferschwalbe zählt zu den Langstreckenziehern. Die Winterquartiere liegen in Ost- und Südafrika. Sie kommt sehr zeitig im Frühling aus ihrem Winterquartier zurück, zu Zeiten, in denen die Bedingungen noch sehr schwierig sind für einen Vogel, der von Insekten als Nahrungsquelle abhängig ist. Zu dieser Zeit ist die Uferschwalbe fast ganz auf Seen und andere Wasserflächen konzentriert, weil hier am ehesten Insekten zu erwarten sind. Bald danach findet sich die Uferschwalbe an ihren Kolonien ein, ist aber sehr schnell dabei, auch neue Möglichkeiten ausfindig zu machen, selbst in kleinen Straßenabschnitten oder Sandgruben, die nur für ein oder zwei Jahre Nistgelegenheiten bieten.

Es gibt aber auch noch andere Vogelarten die Ihrem Brutgeschehen in Erdhöhlen nachgehen. Das ist der als Einzelbrüter vornehmlich an Flussufern vorkommende Eisvogel und der erst seit wenigen Jahren in Deutschland als Brutvogel auftretende und entsprechend seiner Buntheit an einen exotischen Vogel erinnernde Bienenfresser. Dieser bevorzugt warmes Klima. In Deutschland galt er Ende der 1980er Jahre als ausgestorben, seit 1990 wandert er jedoch wieder ein, vermutlich aufgrund des Klimawandels.

Bienenfresser sind oft in Kolonien anzutreffen. Sie sitzen gern, meist zusammen mit Artgenossen, auf herausragenden Ästen, Leitungsdrähten und Masten von denen aus er zur Nahrungsbeschaffung startet. Zu seiner Beute zählen vor allem Hautflügler wie Bienen, Wespen, Hummeln aber auch fliegende Käfer, Libellen und Zikaden.

Als 1990 die Erfolgsgeschichte des Bienenfressers in Deutschland begann, wurden zeitgleich der Kaiserstuhl in Baden-Württemberg und Gebiete in Sachsen-Anhalt besiedelt. In Sachsen-Anhalt „entwickelten” sich aus zwei Brutpaaren im Jahr 1990 bis heute 547 Paare, das sind etwa 50% des gesamtdeutschen Brutbestandes. In den angrenzenden Bundesländern Sachsen konnten 2001 und in Thüringen ab 2007 die ersten Bruten nachgewiesen werden. Aktuell sind es in Sachsen etwa 20 und in Thüringen 7 Paare.

Als Keimzelle der dauerhaften Besiedlung Ostdeutschlands durch den Bienenfresser kann das mittlere Saaletal angesehen werden. Besiedelt werden fast ausschließlich von Menschen geschaffene Biotope, die den wenigen natürlichen Brutplätzen an Saale- und Muldeufer sowie an Wandabbrüchen in Erosionsrinnen sehr ähneln. Die meisten Bienenfresser-Kolonien befinden sich deshalb in alten Kiesgruben und ehemaligen Tagebauflächen, jedoch auch in Kiesgruben, die noch in Betrieb sind.

Südexponierte Steilwände, in Höhen zwischen etwa einem halben Meter oder kurz bis zu 20 Meter über dem Fuß der Wand, in sandig-trockenen Löss- oder weichen Sandsteinböden, in denen die Niströhren mit im Schnitt 1,20 m Länge und der abschließenden Nestkammer von 25 x 15 x 12 cm von beiden Partnern gegraben werden, werden dabei bevorzugt.

Durch ein vom NABU Sachsen-Anhalt ins Leben gerufene Artenschutzprojekt geht es darum, bestehende Brutplätze zu erhalten und neue anzulegen. Das jüngste Projekt ist der Abschluss eines Nutzungsvertrages über ein etwas mehr als 20 Hektar großes wertvolles Bienenfresser-Biotop in der Kiesgrube Wallendorf bei Merseburg (ca. 35 km von Leipzig entfernt).

Klaus Rost

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