Die Monate September und Oktober sind die beiden Hauptzugmonate, in denen uns die Mehrheit der Zugvögel verlässt. Zurück bleiben höchstens einige Nachzügler, deren Junge einer Spätbrut noch nicht kräftig genug für die große Reise sind. Vielleicht handelt es sich auch um Vögel, die durch günstige Verhältnisse in ihrem Lebensraum zur Überwinterung angeregt sind. Aber auch eine Reihe von Vögeln, die ganzjährig bei uns verbleiben, zieht jetzt in kleinen Trupps umher und lassen sich auch in unseren Gärten sehen. Es sind Arten die für ihre Nahrung mehr auf vegetarische Kost stehen. Und hier finden sie gerade jetzt in unseren Gärten an den abgeblühten Blütenständen die jetzt Samen ausbilden einen reich gedeckten Tisch.
Vorausgesetzt der Kleingärtner schneidet, seinem Ordnungssinn folgend, nicht gleich jeden verblühten Blütenstand ab. An den Samenständen von Tagetes, Zinnien und Cosmeen finden sich gern Familienverbände vom Stieglitz ein.
Der Stieglitz hat eine kräftig rote Gesichtsmaske, einen weißen Kopf mit weißen Halsseiten und abgesetzt ein schwarzer Nacken und Oberkopf. Die Flügel weisen eine deutlich abgesetzte, breite leuchtend gelbe Binde auf. Der Rücken ist hellbraun, der Bürzel weiß. Der gegabelte Schwanz ist schwarz mit weißen Flecken im spitzen Drittel. Die Unterseite ist bräunlich an Brust und Flanken. Er zählt zu unseren buntesten Gartenvögeln, ist etwas kleiner wie ein Sperling und von schlanker Gestalt mit kurzem Hals und dünnen Füßen. Beide Geschlechter sind gleich ge-färbt. Lediglich den Jungvögeln fehlt die rote Gesichtsmaske, deshalb ist es jetzt auch möglich aus den herumfliegenden Familienverbänden die diesjährigen Jungvögel zu erkennen. Im Volksmund werden diese Jungvögel auch als „Grauköpfe“ bezeichnet.
Der Stieglitz lebt in offenen, baumreichen Landschaften und sofern sich in unseren Gärten auch größere Obstbäume befinden tritt er auch als Brutvogel auf. Oft wählt er einen Nistplatz hoch in den Baumkronen oder in hohen Sträuchern auf dichtbelaubten schwer erreichbaren Außen-zweigen. Das kleine napfförmige Nest wird vom Weibchen sorgfältig aus feinen Stängeln, Halmen, kleinen Wurzeln, grünem Moos, Flechten und Pflanzenfasern gebaut. Die dickwandige Nestmulde wird mit feinen Wurzeln, Halmen, Fasern sowie Federn und Wolle gepolstert. Der Nestbau beginnt in der Regel Mitte April und dauert etwa vier bis sechs Tage. Während der Brutzeit bewacht das Männchen das Weibchen und den Brutbaum oder -busch gegen Artgenossen. Das Nest selbst entdeckt man meist erst bei der Obsternte oder nach dem Laubfall.
In der Regel werden zwei Jahresbruten durchgeführt und pro Brut vier bis fünf Eier gelegt. Die Eier sind auf weißlichem Grund mit feinen rostbraunen, braunschwarzen und roten Schnörkeln und Flecken zum stumpfen Pol hin versehen. Gelegentlich sind auch ganz weiße Eier dabei. Nachdem das dritte Ei gelegt ist, beginnt das Weibchen allein mit der Brut. Während der Brutdauer von 12 bis 14 Tagen wird es vom Männchen mit Nahrung versorgt. Es verlässt das Nest nur, um Kot abzusetzen.
Nach 12 bis 14 Tagen verlassen die Jungen das Nest und werden noch einige Tage außerhalb des Nestes von den Eltern gefüttert. Ab dem 21. bis 25. Tag nehmen die Jungvögel eigenstän-dig Nahrung auf, mit 28 bis 30 Tagen sind sie selbstständig.
Der Stieglitz ernährt sich von halbreifen und reifen Sämereien von Stauden, Wiesenpflanzen und Bäumen. Unter den ihm nachgewiesenen 152 Wildkräutern bevorzugt er Ackerdistel, Gänsedistel, Kratzdistel und Karden, aber auch Hirtentäschelkraut, Ampfer, Wegerich, Mädesüß, Vogelmiere, Sonnenblume, Beifuss, Knöterich sowie Kieferzapfen und Birkensamen. Deshalb lässt er sich außerhalb der Brutzeit, in kleineren Gesellschaften, auf Brach- und Ruderalflächen bei der Nahrungssuche beobachten. Während der Brutzeit frisst er auch kleine Insekten, insbesondere Blattläuse. Seiner Vorliebe für Distelarten hat ihm auch den Namen Distelfink eingebracht.
Da die höhlenbrütenden Vogelarten ihr Brutgeschehen abgeschlossen haben, können jetzt die Nistkästen von den alten Nestern befreit und gesäubert werden. Mit einem größeren Pinsel werden die Staubteilchen aus den Ritzen und Fugen entfernt. Auch kann der Kasten mit Wasser gereinigt werden, jedoch ohne Zusatz von Reinigungsmitteln oder anderen chemischen Zusätzen.
Wer jetzt einmal angehacktes Obst entdeckt, sollte nicht gleich zum Vogelfeind werden. Einige Vogelarten lieben gelegentlich auch einmal etwas Obst. Bei ungünstiger Witterung und Nahrungsverknappung kann es für sie auch zur lebenserhaltenden Ausweichnahrung werden.
Durch die unsere Stadt umgebenden neu entstandenen bzw. entstehenden Seen besteht die Möglichkeit, dass man ab jetzt hin und wieder größere Vogelschwärme am Himmel beobach-ten kann. Durch ihre Lautäußerungen wird man auf diese Vögel aufmerksam. Es sind dann meist Grau- oder Saatgänse, die die großen Wasserflächen als Zwischenrastplatz oder z.T. auch als Überwinterungsplatz nutzen. Während sie auf den Gewässern nächtigen, ziehen sie morgens auf Acker- und Wiesenflächen um dort ihren Hunger nach pflanzlicher Nahrung zu stillen.
Klaus Rost