Heilende Pflanzen vor unserer Haustür
In den Frühjahrsmonaten erfreuen uns die Narzissen oder Osterglocken (Narcissus pseudonarcissus) mit ihren wunderschönen Blüten. Weltweit gibt es über 20.000 Sorten, die durch aufwändige Züchtung entstanden sind. Das natürliche Verbreitungsgebiet der Narzissen ist Südwesteuropa und Nordwestafrika.
Die Narzissen gehören zu den Amaryllisgewächsen. Es sind ausdauernde, krautige Pflanzen, die in ihrer Größe sehr variabel (von nur 5 cm bis 80 cm) sind. Die Zwiebel ist das Überdauerungsorgan. An der Basis der Zwiebel befindet sich eine korkartige Bodenplatte, aus der Saugwurzeln entspringen, die sich am äußeren Rand bilden. Diese können bis zu 40 cm lang werden und dienen der Aufnahme von Wasser und Nährstoffen. Werden im Sommer die Blätter eingezogen, bilden sich auch die Saugwurzeln zurück. Daneben werden noch Zugwurzeln gebildet, die nach unten in den Boden wachsen, sich im Laufe der Vegetationszeit verkürzen und die Zwiebeln nach unten ziehen. Auf dem Zwiebelboden entwickelt sich der Blütenstängel. In einem knospigen Zustand befindet sich auf ihm die Blütenanlage für das folgende Frühjahr. Eingeschlossen ist diese jeweils von zwei bis drei Laub- und Scheidenblättern. In der Achsel des zweiten Laubblattes befindet sich der Blütenstängel und die Blütenanlage für das übernächste Jahr. Durch diese Anlage der Blüten kann die Narzisse jedes Jahr blühen. Bei TuIpen blüht jede Zwiebel nur einmal, es werden neue Tochterzwiebeln gebildet, die dann erst nach zwei bis drei Jahren blühen können. Auch Narzissen bilden Tochterzwiebeln aus, die nach zwei bis drei Jahren aus den Häuten der Mutterpflanze herausgewachsen sind und vereinzelt neu gepflanzt werden können. Oft wir nur eine Blüte je Zwiebel gebildet. Die Blüten haben sechs Blütenblätter und sechs Staubblätter, die an der Basis verwachsen sind und die Nebenkrone bilden. Die Narbe ist dreilappig. Der Fruchtknoten hat drei Kammern. Die Samen werden in einer Kapselfrucht gebildet.
Narzissen waren schon den alten Griechen bekannt. Viele Dichter und Maler wurden durch die schönen Blumen inspiriert. Auch Heilkundige nutzten die Pflanze und wendeten sie bei Hauterkrankungen, Flechten, Beulen und Geschwüren an. Nach Galen soll ihr Saft zusammenziehende Wirkung haben. So fand sie Verwendung bei Wunden, Verstauchungen, Versteifungen und schmerzenden Gelenken, auch bei Ruhr, Krämpfen, Epilepsie und äußerlich gegen Geschwüre wurden Blüten und Zwiebeln eingesetzt. Dioskurides wies auf die brechreizerzeugende Wirkung der Narzisse hin. Im 19. Jahrhundert wurde die Pflanze wegen ihrer krampflösenden Wirkung in das Arzneibuch aufgenommen. An Inhaltsstoffen konnten ätherisches Öl, Carotin, fettes Öl und Alkaloide isoliert werden. Die gelben Narzissen enthalten Narzissin, Galantamin und Lycorin. Die Dichternarzissen enthalten statt Lycorin das Narcipoltin. Galantamin hat die Zulassung zur symptomatischen Behandlung bei leichter und mittelgradiger Demenz bei an Alzheimer Erkrankten. Galantamin kann synthetisch hergestellt werden, so dass die Narzisse nicht verwendet wird. Die Gelbe Narzisse hat in der Homöopathie bei Schnupfen, Bronchitis und Keuchhusten noch Bedeutung.
Narzissen sind in allen Teilen der Pflanze giftig, da sie Alkaloide enthalten. Leicht kann es zu Verwechslungen mit der Küchenzwiebel kommen. Wird die Narzissenzwiebel versehentlich genutzt, kann es zu Übelkeit, Erbrechen, Schweißausbrüchen, Durchfall und zu Lähmungen bis zum Tod kommen. Der Saft der Narzissen wirkt äußerlich auf der Haut. Bei Gärtnern und Floristen können Hautentzündungen , die sog. Narzissendermatitis auftreten, die nach Beendigung der Arbeit wieder abklingt.
Die große Fülle der Narzissen erfreut uns im Frühjahr, bereichern sie doch den Garten oder unsere Wohnungen als Schnittblume.
Kontaktdaten: Freundeskreis Botanischer Garten Oberholz, Störmthaler Weg 2, 04463 Großpösna, Tel. 034297- 41249, Mail: botanischer-garten-oberholz@gmx.de
Hannelore Pohl.