Im erwerbsmäßigen Anbau von Tomaten im Gewächshaus wird zum Teil eine Veredlung auf Wildtomatenunterlage vorgenommen. Die derzeit empfehlenswerte Unterlage “Maxiford” ist gegen bestimmte Wurzelkrankheiten und Nematoden resistent, zudem sehr wüchsig und kältetolerant. So werden schlechte Wachstumsbedingungen sowie Krankheiten besser verkraftet.
Bei Versuchen in einem Sommer mit schlechten klimatischen Bedingungen haben veredelte Tomaten einen deutlich höheren Ertrag gebracht. Zum selben Zeitpunkt, als die nicht veredelten Tomaten durch Schwäche zusammengebrochen waren, zeigten sich die veredelten gesund und wüchsig.
Da veredelte Tomatenjungpflanzen doppelt so viel kosten wie nicht veredelte, werden sie auch im doppelten Abstand gepflanzt und dafür zwei- oder dreitriebig gezogen. Aufgrund ihrer guten Wüchsigkeit ist diese Methode möglich.Von Kiepenkerl werden Unterlagen als Saatgut angeboten, so dass man auch selbst veredeln kann. Die Unterlage wird einige Tage früher als die Kultursorte ausgesät, und dann der Sämling veredelt. Dazu wird bei der Unterlage der Kopf abgetrennt und bei der Kultursorte der Wurzelbereich. Beide Teile werden mit einem feinem Stift oder Clip zusammengefügt. Zum Zusammenwachsen brauchen die Pflanzen eine gespannte Luft, deshalb wird eine Glas- oder Plastikhaube darüber gestülpt. Nach etwa einer Woche sind beide Teile zusammengewachsen und werden normal kultiviert.
Befruchtung: Tomatenblüten sind zwittrig. Schon zwei Tage vor dem Aufblühen sind sie bestäubungsfähig. Die Blüten blühen zwei bis vier Tage und sind selbstbefruchtend, indem die Pollen durch leichte Erschütterung auf die Narbe fallen. Diese Erschütterung kann künstlich verstärkt werden durch Trillern (z.B. Vibrieren mit einer elektrischen Zahnbürste) oder Rütteln der Pflanzen. Die Narbe bleibt nach dem Öffnen der Blüte nur ein bis zwei Tage befruchtungsfähig. Je intensiver die Befruchtung ist, um so einheitlicher ist der Fruchtansatz und um so höher der Ertrag. Die Befruchtungsrate ist auch von den Witterungsbedingungen abhängig.
Bei zu hoher oder zu niedriger Luftfeuchtigkeit kann der Pollen weniger gut an der Narbe haften. Schwierigkeiten mit der Befruchtung durch zu hohe Luftfeuchte treten oft an den unteren Trauben auf.In sehr heißen, trockenen Sommern gibt es Befruchtungsprobleme mit zu niedriger Luftfeuchte. Hier kann versucht werden, mittels Kurzzeitsprühen (Überpflanzenberegnung im Gewächshaus ein- bis mehrmals am Tag für zwei Minuten) die Luftfeuchte zu erhöhen. Eine höhere Luftfeuchtigkeit begünstigt auch Nutzinsekten. Allerdings darf die Luft nicht zu feucht werden, da sonst Pilzkrankheiten gefördert werden.Befruchtungshilfen: Üblich ist im Erwerbsanbau der Einsatz eines Hummelvolkes.
Diese Völker (Erdhummeln) werden nicht der Natur entnommen, sondern in Spezialbetrieben herangezogen. Die Hummeln gehen auf Pollen- und Nektarsammelflüge.Um an den Pollen zu gelangen, beißen sich die Hummeln am Stempel der Blüte fest und vibrieren mit der Flügelmuskulatur. So wird der Blütenstaub herausgeschüttelt, der Pollen rieselt auf die Hummel; diesen bürstet sie zusammen und bringt ihn zum Volk. Als positiver Nebeneffekt erfolgt durch das Vibrieren der Flügelmuskulatur (nicht der Flügel) die Bestäubung. Die Biss-Stellen der Hummeln an den Blüten sind nach zwei bis drei Stunden als brauner Fleck zu erkennen.
Rainer Proksch – Gartenfachkommission SLK