Deutschland hat einen neuen Vogel des Jahres: 2023 trägt das Braunkehlchen (Saxicola rubetra) den Titel und löst damit den Wiedehopf ab. Bei der dritten öffentlichen Wahl vom NABU und seinem bayerischen Partner, dem Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV), haben insgesamt 134.819 Menschen mitgemacht. 58.609 (43,47 Prozent) Stimmen entfielen dabei auf das Braunkehlchen, 24.292 (17,99 Prozent) auf den Feldsperling, 22.059 (16,36 Prozent) auf den Neuntöter, 21.062 (15,62 Prozent) auf den Trauerschnäpper und 8.797 (6,53 Prozent) auf das Teichhuhn.
„Wir freuen uns über die erneut sehr hohe Beteiligung an unserer Vogelwahl. Die Menschen haben diesmal eine europaweit stark gefährdete Vogelart gewählt und ihr so die dringend nötige Aufmerksamkeit verschafft“, sagt NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. „Das Braunkehlchen braucht ungemähte Wiesen und Blühstreifen. Aber diese sind leider durch die intensive Landwirtschaft immer seltener zu finden.“
Das Braunkehlchen ist 12 bis 14 Zentimeter groß und hat seinen Namen von seiner braun-orangen Brust und Kehle. Wegen seines weißen Gesichtsbandes über den Augen wird es auch „Wiesenclown“ genannt. Sein Lebensraum sind feuchte Wiesen, Brachen und Feldränder. Wichtig sind einzelne Büsche, hohe Stauden oder Zaunpfähle, welche die Vögel als Sing- und Ansitzwarte nutzen. Es hat eine besondere Strategie, um sich vor Fressfeinden zu schützen. Miller: „Wenn ein Greifvogel am Himmel auftaucht, nimmt das Braunkehlchen eine ,Pfahlstellung‘ ein und versucht so, sich unsichtbar zu machen.“ Das Braunkehlchen frisst Insekten, Spinnen und Würmer, im Herbst auch Beeren. In Deutschland leben noch 19.500 bis 35.000 Brutpaare, Tendenz stark fallend.
Leider kann das Braunkehlchen den Preis nicht persönlich entgegennehmen, denn es ist ein Langstreckenzieher und bereits im September auf eine 5000 Kilometer weite Reise in sein Winterdomizil südlich der Sahara aufgebrochen. Im April ist es dann hoffentlich wieder zu hören und begleitet uns mit seinen zarten „Djü“-Rufen durch die Abend- und Nachtstunden.
Alarmierender Rückgang auch in Sachsen
Auch in den Wiesenlandschaften Sachsens war das Braunkehlchen einst ein weit verbreiteter Singvogel. Seit den 1960ern und 1970ern wird es jedoch zunehmend zurückgedrängt. Hauptursache dafür sind Lebensraumveränderungen, wie die Entwässerung von Feuchtgrünland oder die Umwandlung von Grünland in Acker, und unangepasste Bewirtschaftung, zum Beispiel die Nutzung von vorher ungenutzten Bereichen, zu zeitige oder häufige Mahd oder die Beweidung von Grünland während der Brutzeit.
Mittlerweile ist das Braunkehlchen in Sachsen stark gefährdet: Wurden bei der erstmaligen landesweiten Bestandserfassung von 1978 bis 1982 noch zwischen 2.500 und 5.000 Brutpaare gezählt, waren es zwischen 2004 und 2007 nur noch 1.500 bis 3.000. Für 2016 wurde das Vorkommen in Sachsen auf lediglich 500 bis 800 Brutpaare geschätzt. Rückzug findet das Braunkehlchen heute hauptsächlich in den kammnahen Lagen des Erzgebirges und in Bergbaufolgelandschaften.
Ein klares Nein zur intensiven Landwirtschaft Schon 1987 führte der alarmierende Rückgang des Braunkehlchens zu seiner Wahl zum Vogel des Jahres. Mit der dritten öffentlichen Wahl schickt das ornithologisch begeisterte Deutschland nun eine klare Botschaft an Landwirtinnen und Landwirte und an die Politik: Denn für den Erhalt der Artenvielfalt braucht es eine vielfältige und ökologische Landwirtschaft. Miller: „Helfen kann man dem Braunkehlchen, indem man beim Einkauf auf regionale
NABU Sachsen