Heimische Heilpflanzen: Ochsenzunge

Bild von FotoRieth auf Pixabay

Blätter rauh und in der Form wie eine Ochsenzunge. So wird die Pflanze Anchusa officinalis beschrieben. Die Ochsenzunge besticht jedoch  wegen ihrer schönen Blüten. Von daher trägt sie auch den Namen Liebäugel. Unter vielen weiteren Namen ist die Ochsenzunge regional bekannt z.B. Achsenzunge, Rindeszunge, Hundeszunge. Es ist eine attraktive Pflanze und hat, wie der Artname officinalis sagt, auch Bedeutung als Arzneipflanze.

Die Pflanze ist weit verbreitet und soll schon vor der Entdeckung Amerikas (1492) in Europa bekannt gewesen sein. So wird sie auch als Archäophyt bezeichnet. Zu finden ist die Ochsenzunge im gesamten europäischen Raum auf trockenen Flächen, im Hügelland, an Hecken und Wegrändern und jetzt vermehrt auch in Naturgärten. Sie gehört zu der Familie der Boretschgewächse.

Sie ist eine zweijährige bis ausdauernde Pflanze, die im ersten Jahr eine Rosette bildet. Im zweiten Vegetationsjahr entwickelt sie sich zu einer  30- 70 cm hohen  Pflanze.  Dabei sind die unteren Blätter gestielt und können bis zu 20 cm groß werden. Die Form ist lanzettlich bis linealisch. Sie sind rauh und behaart und erinnern wie der Pflanzenname sagt, an Ochsenzungen. Die Blattränder sind glatt oder gewellt. Mit der Blüte wird der Betrachter von Juni bis September erfreut. Der Gesamtblütenstand ist rispenähnlich und besteht aus deutlich gestielten, beblätterten Doppelwickeln, die dicht mit vielen Blüten besetzt sind. (Die Wickel ist eine bestimmte Blütenstandsform, die auch bei Tomaten und dem Vergissmeinnicht zu finden sind.) Die je fünf Kelch- und je fünf Kronenblätterr sind miteinander verwachsen. Durch unterschiedliche Färbung des Zellsaftes sind die Kronenblätter zu Beginn karminrot und färben sich später nach dunkel- blauviolett (ähnlich wie beim Lungenkraut). Nach der Bestäubung werden Klausenfrüchte gebildet, die in vier Teilfrüchte, versehen mit einem Elaison, zerfallen. Die Vermehrung erfolgt über die zahlreiche Bildung von Samen, da die kräftige, bis über 1 m lange Pfahlwurzel nicht geteilt werden kann. Die Blüten der Ochsenzunge stellen ein reichhaltiges Nahrungsangebot für Bienen, Schmetterlinge, Wildbienen und Hummeln und die Blätter für die Raupen des Eulenfalters dar.

Die Ochsenzunge wurde als Heilpflanze schon von Dioskurides und Plinius (Gelehrte im 1. Jahrh. n. Chr.) beschrieben. In den Kräuterbüchern des 16. und 17. Jahrhunderts ist sie ebenfalls erwähnt und als Herzmittel, als Mittel gegen Ohnmacht, Fieber, Schlangenbisse und entzündete Augen empfohlen.

Doch die Pflanze ist umstritten. Neben Schleim- und  Gerbstoffen, Cholin und Allantoin sind vor allem in den Blättern und Wurzeln  Pyrrolizidinalkaloide  (PA) wie das Lycopsamin enthalten. Diese PA können leberschädigend wirken und vor Eigenanwendung wird abgeraten. Unbedenklich sollen die Blüten sein, die heute noch zur Dekoration von Speisen oder als Tee gegen Erkältung, Fieber und Bronchitis  angewendet werden. Auch wird den Blüten eine beruhigende und aufmunternde Wirkung zugeschrieben. Für den Tee werden    1 EL Blüten auf eine Tasse Wasser angegeben. Doch gilt auch hier die Wirkung als umstritten. Es ist allerdings möglich, dass die Ochsenzunge zukünftig Bedeutung erlangen kann, da sie zur Krampfaderbehandlung getestet wird.

Auch wenn die Ochsenzunge als Heilpflanze keine große Bedeutung hat, ist sie doch schön anzusehen und kann Naturgärten bereichern. Sie liebt sonnige durchlässige und trockene Böden. Saure Böden und Staunässe verträgt sie nicht. Hat sie den idealen Platz gefunden, erfreut sie uns mit einem reichen Blütenflor, der wie die große Schwester des Vergissmeinnicht  wirkt. 

Dr. Hannelore Pohl

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