Weisheiten und Bräuche, rund um Natur und Garten: Traumpflanze Erdrauch

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Folge 8: Traumpflanze Erdrauch – Auf der Suche nach dem Liebsten

Wollte ein neugieriges Mädchen von dem zukünftigen Freier träumen, wurden oftmals Pflanzen als Orakel zu Rate gezogen. Dazu gehört der Erdrauch (Fumaria officinalis). Er bekam seinen Namen wahrscheinlich daher, weil sein Saft, wenn er in die Augen gerieben wird, zu Tränen reizt wie Rauch. Durch Rauch hindurch sieht alles verschwommen und verklärt aus.

Die Mädchen achteten beim Hacken und Jäten darauf, wohin sich die Blütenrispe des Erdrauchs neigte. In dieser Richtung mussten sie ihren Liebsten suchen. Daher nennt man die Pflanze im Volksmund auch Schätzchenkraut, Liebchenkraut oder Liebeskraut.

In manchen Gegenden steckten sich die Mädchen beim Jäten Erdrauch in den Schuh oder an den Busen. Der erste Mann, der ihnen auf dem Heimweg begegnete, sollte ihr Freier werden. Der Erdrauch war dann auch das Brautkraut. Der Name Erdrauch soll außer dem eingangs genannten auch darauf zurückzuführen sein, dass die wie angeräuchert aussehenden graugrünen Blätter aus der Ferne wie Rauch erscheinen.

Die 10 – 50 cm hoch wachsende, einjährige Pflanze ist in Europa und Asien verbreitet und wächst auf Ödland oder an Wegrändern. Oftmals ist sie auch auf Äckern, auf Weinbergen oder in Gärten durch Selbstaussaat anzutreffen. Saatgut wird im Handel nicht angeboten, kann aber in Wildkräutermischungen vorhanden sein.

Die Pflanze hat wechselständige, doppeltfiederteilige bis fiederschnittige Blätter. Die in dichten Trauben sitzenden Blüten sind purpurrot bis rosa, an der Spitze und innen dunkelrot bis schwarz gefärbt. Blütezeit ist von Mai – Oktober. Die Frucht ist eine kugelige Nuss und enthält eine Vielzahl von Samen.

Die Einzelblüten des Erdrauchs verglich man früher gern mit zierlichen Frauenschuhen und nannte das ganze Kraut „schöne Frau“. Andere gaben ihm den Namen „Nonnenkraut“, weil sie meinten, die Blüten sähen weniger wie Schuhe als vielmehr wie Nonnenhauben aus.

Das Erdrauchkraut enthält Isochinolinalkaloide und Pflanzensäuren. Den Alkaloiden wird eine leicht spasmolytische Wirkung auf die Gallenwege und am oberen Verdauungstrakt zugeschrieben. Medizinisch verwendet werden die während der Blütezeit gesammelten oberirdischen Pflanzenteile. Die Zubereitungen aus diesen Pflanzenteilen werden bei krampfartigen Beschwerden der Gallenwege, – blase, des Verdauungstraktes und bei Verstopfungen verwendet. Für die in der Volksmedizin genannte Wirksamkeit bei Hauterkrankungen gibt es keine Belege, so dass diese Verwendung nicht empfohlen werden kann. 

Rainer Proksch
Gartenfachberater der Fachkommission des SLK

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