§ Sie fragen – wir antworten
Sinnvoll: Pächtermehrheit im Pachtverhältnis über Kleingärten? Muss bei einer Pächtermehrheit jeder Pächter Mitglied des Kleingärtnervereins sein? Wenn ja – welche Rechte haben die einzelnen Vereinsmitglieder und welche Pflichten obliegen ihnen?
Es verwundert, dass in der Fachliteratur zum Problemkreis „Pächtermehrheit“ und den damit im Zusammenhang stehender vielfältiger rechtlicher Fragen (nahezu) kein Bezug genommen wird – jedenfalls bei Suche nach einem entsprechenden Stichwort im Stichwortverzeichnis – Fehlanzeige.
Über die Notwendigkeit und den Sinngehalt von Kleingartenpachtverhältnissen, fußend auf einem „Einzelpachtvertrag“, über einen oder mehrere Kleingärten (Kg) mit mehreren Personen sind in der Praxis sehr differenzierte Auffassungen anzutreffen. Sie reichen von Handlungsbereitschaft bis hin zu Skepsis, einer generell ablehnenden Positionen, die sich auch auf Erfahrungswerte stützen. Und dies ganz gleich, ob die Pächtermehrheit mit Ehepartnern, Partnern einer (eingetragenen) Lebensgemeinschaft, mit im Haushalt lebenden volljähriger) Personen oder mit Freunden bestehen soll.
Insbesondere bei „befreundeten“ Personen i.w.S. des Wortes wird u.a. richtigerweise auf die „Gefahr“ von Uneinsichtigkeiten bei der Erfüllung vertraglicher Pflichten, des Fingerzeigs auf den anderen verwiesen. Bspw. bei Hinweisen oder Kritiken des Verpächters, bei Streitigkeiten innerhalb der Kleingärt-vergemeinschaft, in Fällen von Rechtskonflikten und Rechtstreitigkeiten mit dem Kleingärtnerverein (KGV).
Der Autor dieses Beitrages teilt die Zweifel und bezieht auch zu verschiedentlich gestellten Fragen: „Ob das in den KGV (der im Stadtverbandes Leipzig der Kleingärtner e.V. (SLK) organisierten Ver-eine) bei Vertragsabschluss zur Anwendung kommende Vertragsformular „Kleingartenpachtvertrag, welches die Möglichkeit des Vertragsabschlusses mit zwei Personen ermöglicht, auch eine Erweiterung des Personenkreises zulässt“ ebenso eine ablehnende Position wie zu der Frage: “Ob über einen Kleingarten mit mehreren Personen mehrere Einzelverträge abgeschlossen werden können“.
Die Entscheidung, ob ein Kleingartenpachtvertrag auf der Basis des genannten Vertragsformulars auch mit einer zweiten Person und mit welcher zweiten Person der Vertragsabschluss erfolgen kann und ob eine Vertragserweiterung auf 2 Personen auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen kann, liegt in der Entscheidungskompetenz des KGV als Verpächter von Kg aus einer rechtlichen Stellung im SLK – juristisch selbständige Person zu sein.
Bezogen auf die Mitgliedschaft im KGV ist herrschende Rechtsmeinung, dass der Abschluss eines Kleingartenpachtvertrages – und das ganz gleich, ob in der Stellung als Alleinpächter oder als Pächter in Pächtermehrheit – die Mitgliedschaft im KGV, als dem Betreiber der Kleingartenanlage und Ver-pächter von Kg, bedingt. Das ist (nicht nur) in den KGV des SLK Vertragsinhalt (siehe § 1 Vertrags-formular).
Eindeutig ist Position dahingehend zu beziehen, dass jedes Vereinsmitglied, sofern die Vereins-satzung bspw. bestimmte Pflichten parzellenbezogen regelt, jedes Vereinsmitglied die dieselben grundlegenden Rechte und Pflichten hat und insofern das Rechtsstaatprinzip der Gleichbehandlung – hier aller Mitglieder – zu befolgen ist. Es sind irreführende Aussagen, wenn bei Pächtermehrheit von einem 1. und einem 2. Mitglied gesprochen wird.
Im bundesweiten Vergleich sind Praktiken anzutreffen, wonach eine aktive oder eine passive Vereins-mitgliedschaft möglich ist. Bspw. jeder Pachtinteressent bis zum Vertragsabschluss den Status eines passiven Mitgliedes hat und bei Pächtermehrheit, der zuletzt Genannte generell den Status eines passiven Mitgliedes einnimmt, um bspw. bei Entscheidungen der Mitgliederversammlung hinsichtlich der Bewirtschaftungspflichten einem Ungleichgewicht der Stimmen vorzubeugen bzw. dieses zu verhindern, ist nicht unbegründet.
Es ist darauf hinzuweisen, dass weder die Begriffe noch der Status und demzufolge auch nicht ihre Rechte und Pflichten als „aktives Vereinsmitglied noch „passives Vereinsmitglied“ (auch als „fördern-des Vereinsmitglied“ bezeichnet) gesetzlich geregelt sind.
Daher muss in der Vereinssatzung ihre Stellung und die mit der aktiven bzw. passiven Vereinsmitgliedschaft verbundenen Rechte und Pflichten bestimmt werden. Bspw. sind aktive Vereinsmit-glieder im Unterschied zu passiven Vereinsmitgliedern in der Vereinspraxis immer mit einem Stimm- und Wahlrecht ausgestaltet. Insofern nehmen passive Vereinsmitglieder mit eingeschränkten Rechten und Pflichten an der Realisierung des in der Vereinssatzung bestimmten Vereinszwecks teil.
Dr. Wolfgang Rößger